Klage gegen EU-Vertrag: Linke und Rechte gegen Lissabon

CSU-Politiker Peter Gauweiler und Linksparteiler Diether Dehm wollen gegen den Lissabon-Vertrag klagen. Damit, so die Kritik, würden zu viele nationalstaatliche Kompetenzen an EU abgeben.

Endlich mal einer Meinung mit Linkspartei-Kollegen Dehm: CSU-Mann Gauweiler. Bild: ap

FREIBURG taz Linke und Rechte wollen gegen den Lissabon-Vertrag vors Verfassungsgericht ziehen. Dazu gehören die Abgeordneten Peter Gauweiler (CSU) und bei der Linken Diether Dehm mit anderen Abgeordneten. Die Klagen der Linken und die Gauweilers ähneln sich. Der CSU-Mann sorgt sich um den Nationalstaat, die Linke muss ebenfalls dieses Vehikel benutzen, um überhaupt nach Karlsruhe ziehen zu können. Die Klage kann erst eingereicht werden, wenn im Mai auch der Bundesrat zugestimmt hat.

Eigentlich lehnt die Linke den Vertrag als zu wirtschafts- und militärfreundlich ab - was kein Fall für das Bundesverfassungsgericht ist. Bei den Rechtsprofessoren Andreas Fisahn (Bielefeld) und Martin Kutscha (Berlin) hat sich die Fraktion daher beraten lassen, wie man eine zulässige Verfassungsklage gegen den EU-Reformvertrag zustande bekommt. Die beiden Professoren empfahlen eine Verfassungsbeschwerde, wie sie jeder Bürger erheben kann. Die Kläger sollten sich dann auf ihr Wahlrecht zum Bundestag berufen, das durch die Stärkung der EU gegenüber dem Nationalstaat entwertet werde. Nur über argumentative Umwege könne dabei das soziale und antimilitaristische Anliegen der Linken sichtbar gemacht werden.

Peter Gauweiler leitete seine Klage gestern im Bundestag ein, indem er eine persönliche Erklärung abgab. Darin kritisierte er, dass die EU in einen "Zentralstaat" verwandelt und die "unabänderliche" souveräne Staatlichkeit Deutschlands aufgegeben werde. Was das alles mit dem Vertrag von Lissabon zu tun hat, blieb im Dunkeln. Dort werden gar keine neuen Kompetenzen auf die EU Übertragen und der von Gauweiler als Skandal betrachtete Vorrang des Europarechts gilt schon seit 1964.

Dennoch ist die Klagedrohung Gauweilers nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Seine Chance liegt darin, dass am zuständigen zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts einige Europa-Skeptiker sitzen und der federführende Richter Siegfried Broß wohl der offensivste von ihnen ist.

Als der Bundestag 2005 der damals vorliegenden EU-Verfassung zustimmte, erhob Gauweiler schon einmal eine (277 Seiten dicke) Verfassungsbeschwerde. Er erreichte damals immerhin, dass Bundespräsident Köhler den Verfassungsvertrag nicht unterzeichnete. Köhler wollte bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Gauweilers Klage warten.

Das letzte grundlegende Europa-Urteil des Verfassungsgerichts stammt von 1993. Damals entschieden die Richter, dass der Maastrichter Vertrag, mit dem die Währungsunion eingeführt wurde und die EU erstmals Kompetenzen in der Polizei- und Außenpolitik erhielt, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Schon damals war der Erlanger Professor Karl Albrecht Schachtschneider, der heute den Abgeordneten Gauweiler vertritt, auf der Klägerseite mit dabei. 1998 klagte Schachtschneider außerdem gegen die Einführung des Euro - ebenfalls erfolglos.

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