Rot-rote Hoffnungen im Saarland: Ostdeutsche Verhältnisse

Eine Umfrage sagt dem Saarland 2009 einen Machtwechsel voraus: Rot-Rot läge demnach vor der CDU. Grüne und FPD kämen gar nicht ins Parlament.

Die Ära Müller sei zu Ende, munkelt man in der SPD. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz Ostdeutsche Verhältnisse ausgerechnet ganz im Westen der Republik? Dem Saarland jedenfalls prophezeien die Demoskopen für die Legislaturperiode nach der Landtagswahl 2009 ein Dreiparteiensystem, wie es sich vielfach in den neuen Bundesländern etabliert hat.

Demnach würde die CDU auf 43 Prozent der Stimmen kommen (-4,5), für die SPD würden sich 26 Prozent (-4,8) der Wähler entscheiden, und die erstmals antretende Linke bekäme 19 Prozent. Die Grünen und die FDP wären nicht mehr im Landtag vertreten. Das jedenfalls vermeldete die Saarbrücker Zeitung und berief sich dabei auf eine angeblich von der Landesregierung unter Ministerpräsident Peter Müller (CDU) in Auftrag gegebene Umfrage, von der jetzt auch die oppositionelle SPD immerhin schon gehört haben will.

Die neue Erhebung nämlich wird von der Landesregierung unter Verschluss gehalten. Auf Nachfrage der taz wollte der saarländische Umweltminister Stefan Mörsdorf (CDU) die genannten Zahlen weder bestätigen noch dementieren. Und auch nicht, dass der Auftraggeber der Studie die Landesregierung gewesen sei.

Nur die Existenz der Umfrage räumt der Umweltminister ein, der die Landesregierung in dieser Woche als Sprecher vertritt. Stellung nimmt Mörsdorf dann aber zum überraschenden Ministerwechsel an der Saar. Ausgerechnet der profilierte Superminister für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales, Josef Hecken (CDU), scheidet aus dem Kabinett Müller aus und wird Präsident des Bundesversicherungsamtes in Bonn - angeblich auf Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Als Nachfolger präsentierte Müller dann den Juristen und Unionisten Gerhard Vigener (61), der an der privaten Fachhochschule SRH in Heidelberg Sozialhilferecht und Kinder- und Jugendhilferecht lehrt und einige Jahre lang dem Landeswohlfahrtsverband Baden-Württemberg vorstand. Der Wechsel von Hecken nach Bonn habe nichts mit der ominösen Umfrage zu tun, nach der die Union ihre absolute Mehrheit im Landtag verlieren würde, versichert Mörsdorf. Hecken sei erst nach langem Zögern "aus Loyalitätsgründen" dem Ruf der Kanzlerin gefolgt.

Und Mörsdorf weist auch Mutmaßungen aus den Reihen der Oppositionsparteien zurück, dass die Personaldecke bei der CDU an der Saar sehr dünn sein müsse, wenn Müller jetzt schon einen landespolitisch völlig unerfahrenen Hochschullehrer aus Baden-Württemberg in sein Kabinett hole. "Im Saarland haben wir immer sehr gute Erfahrungen mit Quereinsteigern gemacht", sagt Mörsdorf. Er selbst sei schließlich vor seiner Berufung zum Umweltminister Vorsitzender eines großen Umweltschutzverbandes gewesen.

"Die Matrosen verlassen das sinkende Schiff", sagt dagegen SPD-Chef Heiko Maas. Hecken habe das Weite gesucht, weil er das Ende der Ära Müller kommen sehe.

Die Umfrage jedenfalls sieht Rot-Rot vorne, sollten sich SPD und Linke nach der Wahl tatsächlich zu einer Koalition zusammenraufen. Die Linke ist dazu bereit; die SPD nur dann, wenn sie stark genug wird, um den Ministerpräsidenten zu stellen. Denn eines will Maas ganz bestimmt nicht werden: Vize unter einem Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine sein.

Die Linke dagegen glaubt noch an den Sieg über die SPD und verweist auf ihre Zuwachsraten bei allen Umfragen der Vergangenheit und den dauernden Zuwachs an Mitgliedern, unter denen auch Überläufer von SPD und Grünen sind.

Vor allem die Grünen an der Saar, die in der Umfrage bei 3 Prozent liegen, gehen schweren Zeiten entgegen. Nach dem Wechsel der Landtagsabgeordneten Barbara Spaniol zur Linken gibt nun ausschließlich der Partei- und Landtagsfraktionschef Hubert Ulrich den Ton an.

Nach übereinstimmenden Zeugenaussagen soll denn auch die letzte Landesversammlung der Grünen am vergangenen Sonnabend "die langweiligste aller Zeiten" gewesen sein. Niemand mehr habe es gewagt, Ulrich zu widersprechen. Der Grünenchef hat unterdessen Klage eingereicht - wegen der Weitergabe von Ermittlungsakten an die Presse, in denen es um ein Strafverfahren gegen seine Töchter geht.

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