Erster Guantánamo-Prozess nach 9/11: Häftlinge vor US-Militär-Tribunal

Ab Donnerstag sollen fünf hochrangige mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen in Guantánamo vor Gericht stehen. Experten sprechen vom wichtigsten Prozess seit 9/11.

Khalid Scheich Mohammed (l.) und Ramzi Binalshibh auf einem FBI-Fahndungsbild . : dpa

WASHINGTON taz Es soll das erste Mal sein, dass im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba mutmaßlichen Terroristen der Prozess gemacht wird: Ab Donnerstag sollen fünf der mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 vor Gericht stehen.

Es handelt sich um den Hauptverdächtigen Chalid Scheich Mohammed, der sich selbst nach "intensiver Befragung", möglicherweise Folter, als Planer dieser und etlicher weiterer Anschläge bezeichnete. Außerdem um Ramsi Binalschib, der nach US-Angaben Cheflogistiker der Hamburger Zelle um den Flugzeugattentäter Mohammed Atta gewesen sein soll. Bei den drei anderen Angeklagten handele es sich um die Guantánamo-Häftlinge Ali Abdel Asis Ali, Mustafa Ahmed al-Hausaui und Walid Bin Attasch. Ihnen wird unter anderem Unterstützung und Ausbildung der Attentäter vorgehalten.

Insgesamt geht es bei dem Verfahren um 169 Vorwürfe, unter anderem um Verschwörung, Mord und Flugzeugentführung. Zunächst wird die Anklageschrift verlesen. Danach könnten die Angeklagten eine Erklärung abgeben, hieß es.

Die als "Guantánamo Five" bezeichneten Männer sind die prominentesten unter den rund 270 verbliebenen Lagerinsassen. Die Häftlinge waren zwischen 2002 und 2003 von US-Ermittlern im Mittleren Osten festgenommen worden. Zunächst waren sie laut offiziellen Angaben in Geheimgefängnissen des US-Geheimdiensts CIA festgehalten worden. Im Jahr 2006 schließlich seien sie nach Guantánamo verlegt worden.

Die Sondergerichte auf Guantánamo, sogenannte Militärkommissionen, wurden eigens für Verfahren gegen Terroristen und Guantánamo-Häftlinge geschaffen. Angeklagte haben in diesen Prozessen weniger Rechte als in normalen Militär- oder Zivilverfahren. Die Kommissionen werden daher auch von zahlreichen westlichen Partnern der USA als fragwürdig angesehen.

Laut Expertenangaben handelt es sich um den wichtigsten Prozess seit dem 11. September 2001. Chalid Scheich Mohammed gilt den US-Ermittlern als "Gehirn" der Attentatsserie. Der gebürtige Pakistaner soll zeitweise die "Nummer drei" des Terrornetzwerkes al-Qaida gewesen sein. In einem von den US-Behörden veröffentlichten "Geständnis" hatte sich Scheich Mohammed mit den Anschlägen gebrüstet und Taten gestanden, die ihm nicht vorgeworfen worden waren. Bei dem Verhör soll er nach Angaben des US-Geheimdienstes CIA dem "Waterboarding", dem simulierten Ertränken, unterworfen worden sein. Diese Technik, die allgemein als Folter gilt und damit nach US-Recht verboten wäre, wird von der US-Regierung lediglich als "harsche Verhörtechnik" eingestuft.

Auch der Saudiaraber Mustafa Ahmad al-Hausaui und der Jemenit Walid Bin Attasch sollen weitgehend gestanden haben, an der Vorbereitung der Attentate mitgewirkt zu haben. Der Jemenit Binalschib verweigerte den Angaben zufolge die Zusammenarbeit mit der US-Militärjustiz. Der fünfte Angeklagte, Ali Abd al-Asis aus Pakistan, bestreitet jede Verwicklung in die Terroranschläge.

Die Verteidiger der Guantánamo-Fünf hatten vergeblich versucht, den Termin der Anklageverlesung hinauszuzögern. Sie wollten eine für Juni erwartete Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs in Washington abwarten, der über die Rechtmäßigkeit der Militärkommissionen urteilen soll. Die Anwälte beklagen zudem, dass ihnen die Militärjustiz weniger Zugang zu ihren Mandanten gewährte, als dies bei einem Zivilverfahren der Fall gewesen wäre.

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