Kroaten in Österreich: EM-Team in Sensationsstimmung

Das kroatische EM-Team um die Bundesliga-Kämpen Kovac und Simunic strotzt vor Selbstbewusstsein. Bei den Fans herrscht Krawallstimmung im Trainingscamp.

Noch ein bisschen zu jung für Krawalle sind diese kroatischen Fans. Bild: dpa

Regenwetter ist Ivan Klasnic gewohnt. Wer in Hamburg geboren und nach Bremen gezogen ist, der weiß, wie sich ein verregneter Sommer anfühlt. Insofern erlebt der 28-Jährige seit seiner Ankunft mit der kroatischen Nationalmannschaft in Österreich gar nichts Ungewohntes. Wolkenbrüche und Gewitter, Niesel- und Starkregen gehen dieser Tage permanent auch über dem Thermenörtchen Bad Tatzmannsdorf nieder, wo der deutsche Gruppengegner sein Quartier aufgeschlagen hat.

Das erste öffentliche Training konnte wegen eines gewaltigen Unwetters erst mit viertelstündiger Verspätung beginnen. "Mir macht das doch nichts", sagte Klasnic - und er stand noch hernach ungeschützt auf dem Platz und gab Interviews. In Kroatien ist der Stürmer, den man in Bremen den Beinamen "Killer" verpasst hat, ein Held. Unzählige Male hat er auch hier seine Leidensgeschichte erzählt. Unaufgeregt erklärt er: "Die EM ist für mich wie ein Bonbon und eine schöne Geschichte, mit der ich gar nicht mehr gerechnet habe."

Unberechenbarkeiten sind offenbar ständige Begleiter von Klasnic und Kollegen. Da wurden die Profis von Kindern in ihrer Landestracht und einer Tanzgruppe aus Zagreb freudig empfangen, da trainierten sie mit Kids der Spielgemeinschaft Burgenland-Therme gemeinsam, um dann am Abend das Ende der schiedlich-friedlichen Idylle zu besiegeln: Die Willkommensparty in dem 1.640-Seelen-Kurort mit den eigenen heißblütigen Anhängern endete nämlich im Eklat. Rund 1.000 Fans, die den kurzen Weg über die slowenische oder ungarische Grenze nicht gescheut hatten, ließen das gut gemeinte Fest zur ernsten Bedrohung für die Fußballer werden: Die Spieler flüchteten in den Teambus, doch Ivan Rakitic wurde eingekesselt und musste von Sicherheitskräften befreit werden. Nun wird das Wachpersonal rund um das Avita Thermalzentrum, das kroatische Quartier, wohl noch verstärkt. "So macht das keinen Sinn", sagte Slaven Bilic, Trainer und Modernisierer des kroatischen Fußballs.

Denn der 39-Jährige weiß, dass auch seine Auserwählten heftigen Stimmungsschwankungen wie merkwürdigen Wechselmechanismen unterworfen sind. Im Grunde hat das rot-weiß-blaue Ensemble mit dem zu Tottenham Hotspurs wechselnden Supertechniker Luka Modric, dem die Kollegen nach gelungenen Pässen sogar im Training Applaus klatschen, seit dem furiosen 3:2 in Wembley gegen England nicht mehr wirklich überzeugt. Wohl auch deshalb hat sich Bilic schon klar auf eine erste Elf festgelegt, die am Sonntag (18 Uhr) in Wien gegen Österreich beginnt und vermutlich auch am 12. Juni in Klagenfurt gegen Deutschland aufläuft. Bilic vertraut einem Gerüst, in dem die Innenverteidiger Josip Simunic (Hertha BSC) und Robert Kovac (Borussia Dortmund) wohl oder übel gesetzt sind und der mittlerweile 36-jährige und bei Red Bull Salzburg kickende Nico Kovac erstaunlicherweise immer noch eine Hauptrolle spielt. Auch Mladen Petric (Dortmund) und Ivica Olic (Hamburger SV) standen in jener Elf, die in roten Leibchen auf dem nassen Rasen der Arena Tatzmannsdorf das Direktspiel übte.

Die Startelf steht seit Wochen fest - und Bilic glaubt an sie. "Wir haben in unserer Mannschaft mehr Klassespieler als Österreich. Wir sind bestimmt so gut wie 1998", glaubt der Nationaltrainer, der die Seinen als "feurige Mannschaft" preist. "Wir können in die Fußstapfen der goldenen Generation treten", glaubt Genius Modric.

"Wir werden bei der EM für eine Sensation sorgen und zeigen, dass unser 3:2-Sieg in Wembley kein Zufall war - und schon gar nicht unser Maximum", sagt Mittelfeldspieler Darijo Srna. Doch solche forschen Töne sind nicht allen recht. Sonst hätte Simunic nicht im ernsten Tonfall angekündigt. "Es zählt nur das erste Spiel. Wer denkt, das wird einfach, den werfe ich persönlich aus dem Hotel." Das Berliner Raubein blickte dabei so grimmig, als wolle er den Worten unmittelbar Taten folgen lassen.

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