Rehhagel hat keine Alternative: Der zaudernde Alte aus Kriechenland

Antonios Nikopolidis ist der bisher schwächste Torhüter der EM - und das Synonym für eine alternde griechische Mannschaft. Doch Trainer Otto Rehhagel hält auch heute gegen Russland an ihm fest.

Antonios Nikopolidis gehört mit seinen 36 Jahren schon zu den Senioren dieser WM. Bild: rtr

SALZBURG taz Unter den Torhütern wurde vor der EM viel über den unsteten Flatterball debattiert. Doch erstaunlicherweise bekommt die Gilde das Flugobjekt ziemlich gut in den Griff. Krasse Fehlgriffe sind selten, auch kuriose Fehleinschätzungen. Eine Ausnahme scheint es jedoch zu geben. Antonios Nikopolidis, der Stammtorwart des amtierenden Europameisters Griechenland, hat bislang den unsichersten Eindruck hinterlassen. Vor allem im Strafraum zauderte er beim 0:2-Auftakt gegen Schweden. Doch da sich die internationale Presse zuvorderst auf die Steinzeittaktik von Otto Rehhagel eingeschossen hatte, ging der Fauxpas unter.

Zumal Nikopolidis im Trainingslager in Seekirchen Wiedergutmachung für das heutige Spiel gegen Russland (20.45 Uhr) ankündigte. Er sei zwar nicht gekommen, um sich zu entschuldigen, sagte der 36-Jährige, aber er wolle betonen: "Wir sind uns alle unserer Schuld bewusst: Ich kann allen Menschen versprechen, dass wir ein anderes Gesicht zeigen werden. Wir werden Freude und Spaß bereiten - auch uns selbst." Deshalb gab es sogar eine Zusammenkunft mit Trainer und Mannschaftsrat - selbst die einflussreichen Spieler plädieren für eine offensivere Ausrichtung.

Der 88-fache Nationalspieler Nikopolidis gehört dem Gremium erstaunlicherweise nicht an. Ohnehin ist der Tormann nicht allerorten akzeptiert, weil er sich immer wieder hanebüchene Peinlichkeiten leistet. Hinzu kommt, dass der 84-Kilo-Mann derzeit nicht völlig austrainiert wirkt - eine Folge seiner Adduktorenverletzung, die ihn schon bei der Vorbereitung in Frankfurt behinderte? Und man erinnert sich: Beim Schusstraining auf deutschem Boden rutschten und rollten mitunter so viele Bälle ins Tor, dass sich die Kiebitze am Zaun schon lustig machten. Ein Trainings-Europameister wird Griechenlands EM-Torwart nicht mehr. Doch zu dem 1,87-Meter-Mann gibt es gar keine Alternative: Stellvertreter Konstantinos Chalkias (Aris Saloniki) ist am Finger verletzt und fällt die Vorrunde aus, Alexandros Tzorvas kickt auf Kreta und hat noch kein Länderspiel absolviert. Ergo: Heute steht wieder Nikopolidis zwischen den Pfosten. Das Urvertrauen in kritisierte Keeper ist im Reich von "König Otto" ohnehin grenzenlos. Der Bremer "Pannen-Olli" Reck hätte sonst in seligen Werder-Zeiten gewiss öfter auf der Bank gesessen. Und Rehhagel war es ja, der Nikopolidis vor vier Jahren als Nummer eins nominierte, obwohl der bei Panathinaikos Athen nur Ersatz war. Der Auserwählte dankte es mit soliden Leistungen - und wurde hernach bei der EM 2004 gar ins Allstar-Team gewählt.

Aktuell taugt Nikopolodis eher als Synonym einer alternden Mannschaft, die ihren Zenit überschritten hat. Der Torwart ist 36 Jahre alt, der Abwehrchef Traianos Dellas 32, der Mittelfeldlenker Angelos Basinas 32. Und das graue Haupthaar des Schlussmanns ist dafür das weithin sichtbare Symbol.

Bei Olympiakos Piräus ist Antonios Nikopolidis übrigens ebenfalls nicht unumstritten. Aber auch auf Vereinsebene wagt man nicht den Sturz eines Denkmals. Das könnte sich erst mit einer völlig verpatzten EM ändern.

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