Kommentar allgemeiner Tarifvertrag: Ein Funken Vernunft bei Mehdorn

Mit einem Tarifvertrag für die Bahnbranche will Mehdorn die Konkurrenz fernhalten. Die Bahnangestellten würden ebenfalls profitieren, weil dem Lohndumping ein Ende gesetzt würde.

Es gibt nicht viel, wofür Bahnchef Hartmut Mehdorn Lob verdient. Doch seine jüngste Forderung, die Höhe der Löhne und die Arbeitsbedingungen für alle Bahner in einem allgemeinen Branchentarifvertrag zu regeln, ist sinnvoll - auch wenn sie äußerst schwierig umzusetzen sein dürfte. Ihr Ziel ist es, die Deutsche Bahn AG vor Billigkonkurrenz zu schützen. Mit sinkenden Ticketpreisen sollten die Kunden also nicht rechnen.

Doch was für Milchbauern gilt, sollte auch für Bahner - und alle anderen Berufsgruppen - gelten: Wer arbeitet, muss damit ein anständiges Einkommen erzielen können, das ein Leben in Würde ermöglicht. Dass der Niedriglohnsektor in Deutschland, mit tatkräftiger Unterstützung der Politik, immer größer wurde, ist ein Skandal. Mit dem Schienenverkehr droht nun nach dem Postwesen ein weiterer Bereich der Daseinsvorsorge dem Dumpingwettbewerb geopfert zu werden. Wohin das führt, zeigen die Briefträger privater Dienstleister, die ihr jämmerliches Gehalt mit öffentlicher Sozialhilfe aufbessern müssen.

Wie beim Austragen von Briefen funktioniert der Wettbewerb auch auf der Schiene hauptsächlich über den Lohn, andere betriebswirtschaftliche Variablen gibt es kaum. Auf dem ersten Blick profitieren davon Fahrgäste und Steuerzahler: Je billiger ein Bahnunternehmen eine Strecke bedient, umso geringer können staatliche Subventionen und Fahrpreise ausfallen. Absurd aber wird es, wenn Bahner wie Briefträger irgendwann, wenn der Markt noch weiter geöffnet wird, zum Hartz-IV-Amt gehen mussen, um sich und ihre Kinder zu ernähren.

Ein allgemeiner Tarifvertrag für den Schienenpersonenverkehr könnte hier Bedingungen schaffen, die für alle Marktteilnehmer gelten und den Bahnern auskömmliche Löhne sichern. Der Wettbewerb müsste dann auf anderen Gebieten ausgetragen werden: etwa der Pünktlichkeit, Sauberkeit und Sicherheit. Davon würden letztlich die Kunden profitieren. Leider ist ein solcher Tarifvertrag Zukunftsmusik, zu unterschiedlich sind die Interessen der Bahnfirmen. Und so plant denn auch die Deutsche Bahn AG längst die Gründung von Billigtöchtern.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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