Spitzelaffäre bei Lotto Bayern: "Schau mal, dass da nei kommst"

Die staatliche Lottoverwaltung in Bayern soll Detektive auf einen Vertragspartner angesetzt - und dessen Emailverkehr ausgespäht haben. München stellt sich ahnungslos.

Auch nicht mehr ganz sauber: das gute, alte Lotto-Spiel. Bild: dpa

BERLIN taz Erst Lidl, dann die Telekom, jetzt spitzelte offenbar auch noch die Lottoverwaltung: Die staatliche Lotterieverwaltung Bayern, die dem dortigen Finanzministerium unterstellt ist, soll eine Detektei darauf angesetzt haben, zwei Personen auszuspähen. Dabei sei auf einem privaten Computer ein Trojaner installiert worden, der den Email-Verkehr des Eigentümers anzapfte. Das erklärt der beauftragte Detektiv Hans Friedrich R. in einer eidesstattlichen Erklärung, die der taz vorliegt.

Die Lottoverwaltung beteuert, nichts von illegalen Schnüffelmethoden gewusst zu haben. Der Präsident von Lotto Bayern, Erwin Horak, bestätigt allerdings, Ermittlungen bei einer Münchner Detektei in Auftrag gegeben zu haben. Ziel sei gewesen, Beweise für einen Zivilprozess der Lottoverwaltung gegen einen Betreiber von zwei Lottoannahmestellen und dessen Kontaktperson zu sammeln. Der Betreiber habe mit gewerblichen Spiele-Vermittlern kooperiert, zusätzliche Provisionen kassiert und dadurch Vertragsbruch begangen.

Folgt man der eidesstaatlichen Erklärung R.s, wurde er im November 2006 von der Münchner Detektei mit der Spitzelattacke beauftragt. Er habe damals bereits mehrfach für die Detektei gearbeitet gehabt und Emailviren in observierte Computer eingeschleust.

Ein ähnliches Vorgehen sei ihm auch im November, als er den Auftrag bekam, vorgeschlagen worden: "Jetzt schau mal, dass da nei kommst", wird der Chef der Firma in der Erklärung zitiert. "Der Zweck dieses Eindringens war die Installierung eines speziellen Virus", schreibt R., der "die Überwachung des gesamten Emailverkehrs" ermöglicht hätte. "Fotos vom Geschäftslokal und von den geparkten Autos" seien bereits angefertigt gewesen. Der Rechner-Zugriff sei zwar erfolgreich gewesen, habe aber nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht.

Das bayerische Finanzministerium, dem die Lottoverwaltung unterstellt ist, will zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen und verweist an die Lottoverwaltung selbst. Deren Präsident Horak bestreitet, in die illegalen Methoden eingeweiht gewesen zu sein. Man habe zwar die Detektei beauftragt, sagt Horak, allerdings auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "selbstverständlich Recht und Gesetz einzuhalten sind". Wenn die Erklärung R.s zuträfe, sei das Verhalten der Detektei "völlig inakzeptabel". Das Unternehmen habe ihm jedoch inzwischen versichert, keine rechtswidrigen Aktionen veranlasst zu haben. "Wir haben deshalb zur Aufklärung des Sachverhalts bereits die Staatsanwaltschaft eingeschaltet."

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, Martin Runge, hatte die Landesregierung bereits vor zwei Wochen mit den Vorwürfen konfrontiert. Runge kann die Argumentation der Lottostelle nicht nachvollziehen. "Das ist hochgradig lächerlich", sagte Runge der taz. Die Lottostelle sei bereits im Januar über die Vorwürfe informiert gewesen. Erst jetzt habe sie die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. "Eine schnelle Reaktion sieht anders aus." Auf seine schriftliche Anfrage von Anfang Juni habe er von der Landesregierung noch immer keine Antwort erhalten. Sollten sich die Vorwürfe des Detektivs als wahr herausstellen, müsste die CSU-Regierung "sofort personelle und organisatorische Konsequenzen" ziehen.

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