piwik no script img

Auf dem DammBahntrassenradeln

Aufgelassene Bahnstrecken werden zu Radwegen

Fotoserie "Im Tal der Ruhr": Bei Dortmund Bild: Wolfgang Quickels

"Es bisschen pervers ist es schon: Erst kämpft man jahrelang für den Erhalt einer kleinen Nebenstrecke", heißt es in der fairkehr, dem Mitgliedermagazin des Verkehrsclubs Deutschland, "und dann feiert man, wenn auf der stillgelegten Strecke wenigstens ein Radweg angelegt wird." In den vergangenen Jahrzehnten legte die Deutsche Bahn viele Eisenbahnlinien still, vor allem Nebenlinien durch ländliche Gebiete. Wegen mangelnder Nachfrage der Kunden, weil die Bahn gegenüber Bus und Auto nicht mehr wettbewerbsfähig war.

Die meisten der aufgelassenen Bahnstrecken wurden erst in jüngster Zeit zu Radwegen umgewidmet. Einen Radweg auf einer bereits bestehenden Trasse anzulegen ist schnell umsetzbar. Auf dem ehemaligen Gleisbett wird der Fahrbahnbelag aufgetragen, der Weg wird gesichert, mit Rastplätzen versehen und ausgeschildert.

Fotoserie "Im Tal der Ruhr": Bei Herdecke Bild: Wolfgang Quickels

Achim Bartoschek, Pionier in Sachen Bahntrassenradeln, hat allein in Deutschland 446 Strecken ausfindig gemacht, davon ein Viertel in Nordrhein-Westfalen, viele auch in Bayern und Rheinland-Pfalz. 55 weitere seien in Planung oder in der Diskussion, schreibt Bartoschek auf seiner Website. Inzwischen haben Regionalplaner und Touristiker das große Potenzial entdeckt, das unter den nicht mehr genutzten Gleisen schlummert. Denn viele Bahntrassenwege sind fast komplett autofrei, landschaftlich reizvoll und meist topfeben. Einige der RailTrails sind schon zu "radtouristischen Rennern" geworden. Zum Beispiel der Vulkanradweg, einer der bekanntesten, attraktivsten und meist befahrenen Bahntrassenwege hierzulande. Mit 93 Kilometern Länge ist die Route in der Rhön Mitteleuropas längster asphaltierter Radweg. Das neue touristische Angebot beschert nicht nur Gastwirten und Hoteliers einen ungeahnten Aufschwung, es wertet auch den öffentlichen Nahverkehr auf. An Wochenenden pendelt der Vulkanexpress, ein Freizeitbus mit Radanhänger, entlang der Strecke und transportiert die Räder kostenlos.

Ein weiterer Vorzeige-RailTrail ist der Maare-Mosel-Radweg von Daun nach Bernkastel-Kues in der Eifel. Bis auf kurze Abschnitte führt auch dieser Radweg auf der ehemaligen Bahntrasse. Man überquert zwei Viadukte, fährt durch vier Tunnel, darunter das Große Schlitzohr, rollt gemächlich 55 Kilometer durch die Vulkaneifel bis ins Moseltal. Entlang dieser Strecke verkehrt mehrfach täglich ein Radshuttle-Bus.

Viele der Bahntrassenradwege sind leichte Kurzstrecken, maximal 50 Kilometer, die man bequem in zwei bis drei Stunden abradeln kann. Wie der Bähnle-Radweg von Lenzkirch nach Bonndorf, die Mudau-Wanderbahn von Mudau nach Mosbach oder der Heubergbahn-Weg von Spaichingen nach Egesheim. Noch nie gehört? Dann ist es aber höchste Eisenbahn.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!