Rechtsanspruch bei verspäteten Zügen: Kunden kriegen Geld zurück

Die große Koalition hat sich darauf geeinigt, dass Bahnkunden bei Zugverspätungen entschädigt werden. Kommt der Zug nachts 60 Minuten zu spät, wird das Hotel bezahlt.

Warten auf die Bahn könnte sich bald sogar lohnen. Bild: ap

BERLIN taz Bahnkunden sollen künftig ab 60 Minuten Verspätung im Fernverkehr 25 Prozent des Fahrpreises erstattet bekommen. Darauf hat sich die große Koalition geeinigt. Das entsprechende Gesetz solle noch in diesem Sommer auf den Weg gebracht werden, sagte der Sprecher des Bundesjustizministeriums, Henning Plöger, der taz. In Kraft treten könne das Gesetz in den ersten Monaten des kommenden Jahres. Bislang sind Entschädigungen bei Verspätungen eine Kulanzregelung der Bahn. Kommt der Zug eine Stunde zu spät, erstattet die Bahn 20 Prozent des Fahrpreises.

Die Einigung der Koalition sieht nun weitere Entschädigungen vor. Bei zwei Stunden Verspätung soll die Bahn 50 Prozent des Fahrpreises erstatten. Hat ein Zug nachts 60 Minuten Verspätung, muss die Bahn dem Kunden eine Hotelunterkunft anbieten, falls eine Übernachtung nötig ist. Die Entschädigungsregelung soll auch für Reiseketten gelten - also dann, wenn Kunden mehrfach umsteigen müssen und eine Verspätung zum Verpassen von Anschlusszügen führt. Im Nahverkehr gilt: Droht nachts eine Verspätung von mindestens 60 Minuten, darf sich der Kunde ein Taxi nehmen. Die Regelungen sind Teil einer EU-Verordnung, die Ende 2009 in Kraft treten soll.

Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) hatte strengere Regelungen gefordert, etwa Entschädigungen schon bei halbstündigen Verspätungen. Darauf habe man verzichtet, weil nun eine Schlichtungsstelle im Gesetz verankert werde, hieß es in Seehofers Ministerium. Die Bahnkunden bekämen so unbürokratische Hilfe, wenn sie ihre Entschädigungsansprüche durchsetzen müssten.

Das Bundesjustizministerium begründet das Nichtverschärfen der Regel anders. Mit dem neuen Gesetz entspreche Deutschland den EU-Vorgaben, so Behördensprecher Plöger. Andernfalls hätte man für eine Übergangszeit nationale Ausnahmeregeln schaffen müssen. Zudem dürfe es keinen Wettbewerbsnachteil für Züge in Deutschland geben. Die Bahnexpertin des alternativen Verkehrsclubs Deutschland, Heidi Tischmann, begrüßte die Koalitionseinigung. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung", so Tischmann. Allerdings bedeute es keine große Verbesserung gegenüber der bisherigen Bahnpraxis. Nach einer Studie der Stiftung Warentest waren im vergangenen Herbst 38 Prozent der Fernzüge unpünktlich. Der Anteil der Verspätungen von mehr als 30 Minuten betrug 4 Prozent, der Anteil der Verspätungen von mehr als 60 Minuten lag unter 1 Prozent. Die Bahn wies die Studie als irreführend zurück. Im Personenverkehr seien 9 von 10 Zügen pünktlich.

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