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Rückrufaktion nach ICE-Unfall"Das Bahnfahren ist sicher"

Nicht jedes verdächtige Geräusch weist auf eine Gefahr hin, meint Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Hat die Bahn mit ihrer ICE-Kontrolle überreagiert?

Bahnkunden brauchten am Wochenende viel Geduld: Alle ICE-3-Züge mussten in die Werkstatt Bild: ap

Herr Naumann, nach dem ICE-Unfall in Köln: Wie gefährlich ist das Bahnfahren?

Pro Bahn

KARL-PETER NAUMANN, 57, ist ehrenamtlicher Chef des Fahrgastverbands Pro Bahn. Der Chemiker arbeitet in einer Biotechfirma.

Karl-Peter Naumann: Bahnfahren ist um ein Mehrfaches sicherer als Autofahren. Natürlich gibt es auch bei der Bahn hin und wieder Unfälle, aber die sind insgesamt wesentlich seltener und haben ein geringeres Ausmaß als die Unfälle auf der Straße.

Stimmt es in diesem Fall nicht misstrauisch, dass möglicherweise lange nicht auf verdächtige Geräusche reagiert wurde?

Das ist eine ganz schwierige Frage. Vor 20 Jahren habe ich einmal bei Tempo 200 in einem Speisewagen gesessen, der ganz merkwürdige Geräusche machte - damals ist aber nichts passiert, außer dass wegen des Ruckelns ein wenig Kaffee verschüttet wurde. Möglicherweise hätte es gar nichts gebracht, wenn man vorher angehalten hätte.

Nicht jedes verdächtige Geräusch ist also Vorbote einer Katastrophe?

Absolut nicht. In einem fahrenden Zug gibt es viele Dinge, die mitschwingen; wenn es da zu Resonanzen kommt, klingt das manchmal grausam.

Hat die Bahn richtig reagiert?

Die Bahn hat alle Züge der gleichen Baureihe zur Überprüfung in die Depots geholt, als sie festgestellt hat, dass es sich um einen grundsätzlichen Schaden handelt. Diese Reaktion war sehr vernünftig.

Auch auf die Gefahr hin, dass viele Züge ausfielen.

Richtig. Wir hätten uns aber aus Kundensicht gewünscht, dass die Bahn am Donnerstag kommuniziert: Wir schauen uns den schadhaften Zug zunächst an, und für den Fall, dass es sich um ein grundsätzliches Problem handelt, bitten wir die Fahrgäste, sich in den Medien zu informieren.

Werden die Züge oft genug kontrolliert?

Jeder Zug steht jeden Tag einmal in der Wartung; größere Schäden entdeckt man da.

Beim Zugunglück in Eschede hat man die Probleme mit dem Rad allerdings nicht vorher gesehen.

Damals wurde ein besondere Form von Rädern verwendet, die noch nie im Hochgeschwindigkeitsbereich eingesetzt worden waren; da war man etwas zu großzügig, obwohl die Räder eine Zulassung hatten. Letztlich war es eine Verkettung mehrerer Umstände, die zu dem Unglück führte: Rad, Weiche und Brücke.

Die Bahn will ihre jüngsten ICE-Züge jetzt nicht mehr alle 300.000, sondern schon alle 60.000 Kilometer gründlich überprüfen. Ist das ein richtiges Vorhaben oder ein Eingeständnis, dass bislang zu wenig kontrolliert wurde?

Dass vorher zu lax kontrolliert wurde, denke ich nicht. 300.000 Kilometer werden relativ schnell erreicht, die Züge fahren ja rund 2.000 Kilometer am Tag. Bislang wurde also etwa alle halbe Jahre kontrolliert, künftig wird es etwa einmal im Monat sein. Das ist eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme, die auch pragmatische Gründe hat. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass die Züge in solchen Intervallen ohnehin in der Werkstatt stehen - da schaut man sich die Achsen halt mit an.

Bei der Bahnsicherheit sind ja nicht nur die Züge relevant, sondern auch die Strecken, auf die zum Beispiel Tiere gelangen können. Sollte man Hochgeschwindigkeitsstrecken grundsätzlich einzäunen?

Zäune haben im Notfall auch Nachteile: Dann kommen die Fahrgäste schlechter weg und die Rettungskräfte schlechter zum Unglücksort. Zudem wäre es sehr teuer, flächendeckend Zäune zu errichten. Das dafür nötige Geld sollte man lieber in ein besseres Bahnangebot stecken - und so mehr Menschen von der unsicheren Straße in die sichereren Züge locken.

INTERVIEW: RICHARD ROTHER

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