Kommentar CSU: Laptop ohne Lederhose

Wie die SPD ist die CSU eine Milieupartei, der ihr Milieu abhanden gekommen ist. Da nützt ein Führungswechsel wenig.

Wenn CSU-Chef Erwin Huber seine Lage verstehen will, dann sollte er in Ruhe mit seinem SPD-Kollegen Kurt Beck reden. Die Christsozialen liegen in Umfragen zwar immer noch bei rund 50 Prozent, während die Sozialdemokraten gerade mal auf die Hälfte kommen, aber strukturell haben CSU und SPD mehr Gemeinsamkeiten, als ihnen lieb ist: Beide sind Milieuparteien, denen ihr Milieu abhandenkommt.

In beiden Fällen begann die Krise mit einem radikalen Reformprogramm. Gerhard Schröders Agenda 2010 ist allgemein bekannt. Außerhalb Bayerns weiß aber kaum jemand, dass Edmund Stoiber das Land ebenso radikal umkrempeln wollte. Die Verwaltung in ihren seit 1815 kaum veränderten Strukturen, das angesehene Gymnasium, die Lernmittelfreiheit an den Schulen - alles war nicht mehr gut genug für die neue Zeit. Für das bayerische Sonderbewusstsein war das ein schwerer Schlag, für den Aufstand in der Landtagsfraktion und Stoibers Sturz wichtiger als die Berliner Eskapaden des Ministerpräsidenten. Vom Zweiklang aus Laptop und Lederhose war nur noch der Laptop übrig, vom sozialdemokratischen Fördern und Fordern nur noch das Fordern.

In ihrer konkreten Ausgestaltung waren die Reformen Schröders und Stoibers alles andere als alternativlos. Doch mussten beide auf einen realen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft reagieren. Deshalb war die Vorstellung naiv, die Probleme der beiden Parteien könnten sich mit einem Führungswechsel von selbst erledigen. Wahrscheinlich stimmt es, dass die Parteivorsitzenden Beck und Huber überfordert sind. Aber wer wäre es in ihrer Lage nicht? Wahrscheinlich stimmt es auch, dass die beiden Doppelspitzen wenig praktikabel sind - Huber mit Ministerpräsident Günther Beckstein bei der CSU, Beck mit dem mutmaßlichen Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier bei der SPD. Aber wäre eine Person allein besser in der Lage, die auseinanderdriftenden Milieus der Mitglieder und Wähler zu befrieden?

Mit der Pendlerpauschale hat der Unmut in beiden Parteien ein gemeinsames Vehikel gefunden. Die Wählerdrift zu Linkspartei oder Freien Wählern wird das in beiden Fällen aber nicht aufhalten können.

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