die wahrheit: Der Erfinder des Hammers

Eine unvermeidliche Würdigung des großen Gottlieb Fürchtegott Gottlob Fickelbichler.

Über Wesen und Wirkung des Hammers philosophierte Wahrheit-Autor Rudolf Walther in seinem Essay vom 18. 7. 2008. So ideengeschichtlich prima und zeichentheoretisch 1a er zu argumentieren wusste, eine wesentliche Frage wurde von ihm leider vernachlässigt: Woher der Hammer überhaupt kommt. Hier soll deshalb des Mannes gedacht werden, der ihn erfand und zu Unrecht vergessen ist: Gottlieb Fürchtegott Gottlob Fickelbichler.

Geboren am 28. Juli 1642 in Daglfing bei Dingolfing, sind seine Eltern der Fickelmacher Gotthilf Fürchtegott Gottlob Fickelbichler und seine Ehefrau Maria, geborene Magdalena. Schon früh macht der Knabe eine Erfahrung, die seinen Lebensweg prägen wird: Keine drei Jahre alt, sondern sechs, will er ein Bildnis der Mutter Gottes aufhängen - und scheitert: Die Wand ist zu steil. Das Bild rauscht zu Boden, der Rahmen zersplittert, und Gottlieb Fürchtegott Gottlob empfängt von seinem Vater sechs, sieben krachende Watschen.

Nur wenig später - man schreibt das Jahr 1653, Tilly ist längst tot - versucht es Gottlieb mit einem Nagel. Doch obgleich er sich stundenlang abmüht, gelingt es ihm nicht, den Nagel auch nur ein winziges Stückchen in die Wand zu drücken. Sondern bloß durch seine Hand.

Über seinen Misserfolg rätselnd, begibt sich Gottlieb im Jahre 1660 - nun ein Herangewachsener wie so viele vor ihm - auf die Walz, nachdem er sich die Bedeutung dieses Wortes vergegenwärtigt hat. In Nürnberg arbeitet er bei dem Scharfrichter Hans Johann Althans, der ihm die Erkenntnis vermittelt: "Mit bloßen Händen geht es nimmer!" Und von Zürich, wo er bei der Metze Anna Johanna Blume lernt, nimmt er die andere Einsicht mit: "Ein Mann muss hart sein im Leben - versteht Er das, Er Weichei?!"

Als Gottlieb 1671, bis obenhin von frischem Wagemut erfüllt, in seine Heimatstadt zurückkehrt, experimentiert er mit Wackersteinen. Doch erst das Jahr 1687 zeitigt einen echten Fortschritt. Als er sich wieder einmal mit einem Brocken an der Wand abmüht, wo das Bild der Jungfrau Maria hängen soll, bemerkt ihn die Magd und ruft spöttisch aus: "Warum macht Er keinen Stiel an den Stein, gleichwie bei einem Hammer?"

Wie ein Blitz durchfährt es da Gottlieb. "Ja, ja, so, so. Ich muss einen Ast an dem Kiesel befestigen. Gell?" Und mit Feuereifer stürzt sich Gottlieb von neuem auf die Arbeit. Im Jahr 1715 führt er seine Schöpfung im engsten Freundeskreis, das heißt, seiner Mutter, vor: den Prototyp eines Hammers. Gottlieb hält das Gerät am Stein und schlägt mit dem Stiel auf den Nagel. Aber unter der Wucht der Schläge splittert der Stiel. Die Maschine ist entzwei, und Gottlieb Fürchtegott Gottlob empfängt von seiner Mutter sechs, sieben krachende Watschen.

Gottlieb ist bestürzt, und Kummer mischt sich in seine Verzweiflung. Es ist bereits 1748, der Österreichische Erbfolgekrieg ist vorüber, und Europa atmet erleichtert auf, doch in einer Daglfinger Studierkammer sitzt verlassen ein einsamer Erfinder und denkt in seinem Kopf an Freitod. Müde ergreift er, was er bisher geschaffen hat, und haut sich in dumpfem Lebensüberdruss auf die Finger.

Da durchzuckt ihn die Erleuchtung! Au! Auaaua! Wie war das? Richtig: Das Werkzeug am Stiel gepackt, und mit dem Stein geschlagen! So rum also! Aha! Doch ob sich das in die Praxis umsetzen lässt? Zweifelnd, aber auch voller neuem Mut, schreitet Gottlieb Fürchtegott Gottlob Fickelbichler erneut ans Werk.

Und wirklich, 1782 ist es endlich so weit! Die Verletzung ist auskuriert. Und wie eine frohe Kunde verbreitet sich in der ganzen zivilisierten Welt das Lauffeuer, dass ein bayerischer Handwerker einen hammerähnlichen Gegenstand entwickelt hat. Von fern und nah reisen die Leute zu ihm, um sein Werk und ihn selbst zu bestaunen. Anerkennend stoßen die Besucher einander in die Rippen, klopfen sich begeistert auf die Schenkel und zollen dem Meister ihre Anerkennung: "Beim heiligen Zenzl! Einen Hammer, wie Ihr ihn habt, habe ich wahrlich noch nie gesehen!"

Doch Gottlieb verbessert seine Erfindung sogar noch. Er entdeckt, dass der Stiel, der sich immer nach einiger Zeit vom Stein gelöst hat, dann fest sitzt, wenn man ihn nicht mit Pattex anklebt, sondern mit Uhu Schleichwerbung treibt.

Und damit hat Gottlieb sein Lebenswerk vollbracht. 1834 übergibt er den Hammer in seiner bis heute gültigen Form einer überraschten Weltöffentlichkeit. Endlich kann er das Porträt der Heiligen Jungfrau aufhängen. Still und stolz streicht ihm seine Mutter über die Wangen und anschließend für immer die Segel. Und am 29. Juli 1869 schließt auch Gottlieb Fürchtegott Gottlob Fickelbichler Augen, Mond und Sterne.

Sein Name ist vergessen, doch sein Werk lebt fort. Heute wollen wir es ehren und den Hut ziehen vor der Leistung eines Mannes, die die Welt verändert hat. Und zwar zum Guten.

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