Tschechin holt Gold beim Luftgewehrschießen: Sportschützen emotional

Die tschechische Schützin Katerina Emmons trainiert fernab eines groß angelegten nationalen Projekts - und gewinnt trotzdem Gold.

Ließ selbst die chinesische Topfavoritin Du Li hinter sich: Sportschützin Katerina Emmons. Bild: dpa

PEKING taz Ein Kuss für die Siegerin. Jetzt streicht ihr der Ehemann zärtlich mit den Händen über die Wangen. Er lässt sie nicht gehen. Dabei müsste sie sich umziehen, den offiziellen Olympiatrainingsanzug der tschechischen Mannschaft anziehen, für die Siegerehrung. Katerina Emmons hat gerade den ersten Wettbewerb der 29. Olympischen Spiele gewonnen. Sie war die Beste im Luftgewehrschießen über 10 Meter. Jetzt tauscht die 24-Jährige Zärtlichkeiten aus mit Matthew, ihrem Mann, ist einfach glücklich.

Die meisten Journalisten sind schon weg. Unzufrieden sind sie abgezogen. Das glückliche Paar kann unbehelligt schmusen. Auf der Pressetribüne fand sich zu Beginn des Wettkampf kaum ein freier Platz. Jede Menge chinesischer Reporter waren gekommen, um die Geschichte der ersten Goldmedaille für ihr Land bei diesen Spielen von Peking zu schreiben. Sie sind davon ausgegangen, dass Du Li nicht zu schlagen sein wird. Die 26-jährige Chinesin hatte vor vier Jahren in Athen ganz oben auf dem Siegerpodest gestanden. Das olympische Schießgelände im Westen Pekings wurde belagert. Katerina Emmons, die Siegerin, sagte nach ihrem Triumph: "Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken." Während sie sich in aller Ruhe vorbereiten konnte, sei Du Li immer von Journalisten umlagert gewesen. Fünfte wurde die Chinesin am Ende. In der Qualifikation hatte sie mit 399 von 400 Ringen noch überzeugt. Über ihren Finalauftritt sagte sie: "Ich war auf den Druck, zu Hause anzutreten, nicht eingestellt." Sie zuckt mit den Schultern, hat Tränen in den Augen.

Wie schwer es ist, auch weit weg von zu Hause dem Druck der Öffentlichkeit standzuhalten, zeigte Sonja Pfeilschifter. Die Münchnerin ist Weltrekordhalterin und war in den letzten vier Monaten von niemanden zu schlagen gewesen. Die Favoritin scheiterte jedoch bereits in der Qualifikation. Vor vier Jahren schon war sie als Medaillenanwärterin an den Schützenstand gegangen und konnte den Erwartungen nicht gerecht werden. Wie sie es fand, dass sie schon wieder keine Medaille holen konnte? "Beschissen."

Es hat mächtig gemenschelt am Samstagvormittag. Du Lis Scheitern, ihre Offenheit nach dem Finale, hat gezeigt, dass hinter dem Projekt Olympia 2008, das China zur unbestrittenen Sportsupermacht machen soll, auch nur Menschen stehen. Katerina Emmons, die vor der Russin Ljubow Galkina und Snjezana Pejcic aus Kroatien Erste wurde, hat wiederum gezeigt, dass sportlicher Erfolg auch dann möglich ist, wenn die Vorbereitung nicht von einem groß angelegten nationalen Projekt getragen wird. Emmons, die vor vier Jahren unter ihrem Mädchennamen Kurkova Bronze gewonnen hat, trainiert schon lange nicht mehr unter der Leitung ihres Nationalverbandes. Sie bildet mit ihrem Mann ein Zweipersonenteam. Matthew Emmons tritt für die USA an und ist in Athen Olympiasieger im Kleinkaliber-Liegendkampf geworden. "Er ist mein bester Teamkamerad", sagte seine Gattin nach der Siegerehrung. Dann wurde sie gefragt, ob sie nicht vielleicht schon bald für die USA antreten wolle. "Die Tür ist offen", sagte Katerina Emmons. Solange es möglich sei, wolle sie zwar für Tschechien antreten, es könne aber sein, dass das, weil sie in den Staaten lebt und trainiert, irgendwann nicht mehr möglich ist.

Katerina Emmons hat Gold für sich und ihren Mann gewonnen, ein transnationales Miniteam. Im Medaillenspiegel wird es nicht aufscheinen, auch wenn noch eine Goldmedaille hinzukommen sollte. "Ich habe meinen Teil getan", sagte Katerina Emmons, "jetzt ist er dran." Doch dann müsste es besser laufen als vor vier Jahren in Athen: Damals lag der 27-Jährige im Dreistellungskampf mit dem Luftgewehr vor dem letzten Schuss in Führung, legte an, zielte und traf. Allerdings nur die Scheibe seines Nebenmannes. Die Medaille war dahin. ANDREAS RÜTTENAUER

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