Kurt Beck auf Tour in Brandenburg: Mehr Transpiration als Inspiration

Kurt Beck ist auf Wohlfühltour in Brandenburg, schließlich sind dort bald Kommunalwahlen. Im sommerlich heißen Oranienburg ist der SPD-Chef entschieden "nah bei den Menschen".

In Brandenburg ist die SPD schon so lange an der Macht, dass Kurt Beck dort sogar in der Menge baden kann. Bild: dpa

ORANIENBURG taz "Die SPD schlägt sich nicht in die Büsche!" Kurt Beck ist jetzt richtig in Fahrt. Der Parteivorsitzende schwitzt, er wechselt Standbein und Spielbein, hebt die Rhetorikpranke. Der Rheinland-Pfälzer bezieht sich mit diesem Satz nicht auf die K-Frage, auch nicht auf die Haltung der Sozialdemokraten zur Linkspartei. Nein, er spricht gerade über das Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Besucher der "Nah bei den Menschen"-Kampagne der SPD dürfen ihre Fragen an den großen Vorsitzenden auf Karten schreiben, der Unterbezirksvositzende stellt sie ihm dann. Gerade geht es um die außenpolitische Strategie der deutschen Sozialdemokratie.

Tatsächlich muss sich Kurt Beck in Oranienburg keine Sorge machen, dass es unangenehm für ihn werden könnte. In Brandenburg ist die SPD seit 18 Jahren an der Regierung - nach ostdeutscher Zeitrechnung also schon immer, nach gesamtdeutscher Wahrnehmung hört sich derlei an wie ein Klang aus fernen Tagen. Und weil Ende September Kommunalwahlen sind, ist Beck in den SPD-geführten Landkreis Oberhavel gekommen, um seinen Genossen ein bisschen Starthilfe für den gerade erst beginnenden Wahlkampf zu geben.

Zweihundertfünfzig Interessierte sind in die hoffnungslos überfüllte und stickig heiße Orangerie gekommen. Alle wollen sie Kurt sehen. Aber auch seinen Vorgänger im Amt des Parteivorsitzenden, den 2006 nach nur einem halben Jahr zurückgetretenen Matthias Platzeck. Der 54-Jährige hatte zu Beginn des Abends das vorwiegend grauhaarige Publikum auf ostdeutsch eingeswingt: lobte die Kitapolitik, freute sich über die sechsjährige Grundschule, schimpfte auf Oskar Lafontaine und die Union. Beck konnte daran nahtlos anknüpfen.

In Brandenburg habe sich "vieles zum Guten gewendet", schmeichelte er, "einen solchen Weg darf man nicht unterbrechen." Das Publikum dankte es ihm mit sorgfältiger Behandlung. Keine K-, keine Ypsi-Frage, keine Frage, aus der die zahlreich erschienen Medienvertreter eine Beck-Meldung hätten stricken könnten, und sei sie noch so nebensächlich.

Noch stehen die ersten Wahlprognosen für den September aus. Aber tatsächlich müssen sich die Sozialdemokraten in Brandenburg nur vor einer Partei fürchten - der Linken. Die macht in vielen Gemeinden und Kreistagen längst gute Arbeit, auch mit den Sozialdemokraten, auch mit den Grünen und der Union. Der gemeinsame Feind steht rechts. Die Kommunalwahl dürfte also ein erster Test für die im nächsten Jahr stattfindende Landtagswahl sein.

Die Linke in Potsdam kann vor Kraft kaum laufen, erst kürzlich hatte die SPD-Sozialministerin Dagmar Ziegler angekündigt, 2009 nicht mehr kandidieren zu wollen - sie habe keine Lust auf Rot-Rot. Sicher weiß Kurt Beck um diese Situation. Aber warum sollte er über dieses Problem reden, wenn ein anderes - das des Selbstverständnisses der deutschen Sozialdemokratie - derzeit ein viel größeres ist.

Und so geht es in Oranienburg munter hin und her. Die Fragen aus dem Publikum drehen sich um die Zukunft der Arbeitsgesellschaft, um den - im Osten scharf diskutierten - Föderalismus, um Rechtsradikalismus, Ehrenämter und Rente, Rente, Rente. Nach anderthalb Stunden ist es vorbei. Matthias Platzeck sagt seinem Parteivositzenden ein "menschliches Dankeschön", wünscht ihm "Kraft und Nerven, Freude, uns zu führen. Wir brauchen dich, Kurt." Beck sagt: "Das war jetzt aber nicht unnötig." Witzig. Derlei hörte man selten von ihm in den letzten Wochen.

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