ARD-Film über überforderte Alleinerziehende: Messie light

"Morgen räum ich auf" ist ein patentes Feelgoodmovie über zwanghaftes Zurümpeln und überforderte Alleinerziehende (20.15 Uhr, ARD). Ein gutes Kontrastprogramm zum Fußballländerspiel.

Eine Badewanne so voll, dass sich die Tochter im Klo die Füße wäscht - Ellen (Esther Zimmering) ist überfordert. Bild: ard

Der Anfang ist großartig. Da will Ellen (Esther Zimmering) den Geburtstag ihres Gatten feiern, doch unter merkwürdigen Vorzeichen erodiert das harmonische Kleinfamilien-Picknick, bis im gemeinsamen Wohnzimmer die Nachbarin niederkommt und das Neugeborene sich dann auch noch als Kind des Gatten entpuppt.

Die letzte Viertelstunde ist auch ganz spannend. Ellen und Tochter Nina leben nun in einer arg vermüllten Mietwohnung. Als die Behörde sich ein "Bild von der Lebenssituation" machen will, besorgt Nina eine Ersatzwohnung. Doch als ein netter Polizist auf die Toilette möchte, weiß keiner, wo die sich befindet … uiuiui. Was dazwischen passiert: na ja.

In "Morgen räum ich auf" packt die ARD nach eigenen Angaben "mit viel Humor ein aktuelles Thema unserer Zeit" an. "Das erste Fernsehspiel, das das Messie-Dasein einer Figur in den Mittelpunkt stellt", nennt Autorin und Regisseurin Martina Elbert ihren Film. Sie weiß Krasses zu erzählen: von Nachbarn, aus deren Wohnung es schon immer müffelte; von Omis, die mehr Brötchen kaufen, als sie essen, weil es beim Bäcker Ansprache gibt; von Ratten, die durch Messie-Wohnungen huschen.

So etwas ist in "Morgen räum ich auf" nicht zu sehen. Die Neu-Alleinerziehende ergattert einen Job, dafür bleiben die Umzugskisten unausgepackt stehen. Zweimal beginnt Ellen mit dem Aufräumen und verliert sich darin, mit der Zahnbürste die Fugen der Badezimmerkacheln zu putzen. Einmal wäscht die Tochter ihre Füße im Klo - die krasseste Szene. Warum sie das Zeug, das die Badewanne blockiert, nicht einfach rausnimmt, bleibt unklar. "Die Hoffnung, dass die Heldin es packt", sollte schon immer spürbar bleiben, sagt Produzentin Meike Kordes. Mit ihrer Schwester Alexandra hat sie mutige Filme produziert wie Chris Kraus' Kinoerfolg "Vier Minuten".

Weil um 20.15 Uhr in der ARD nicht zu viel Gerümpel herumstehen sollte, heitern ein unablässig klimperndes Piano, Bollywood-Tänze der Tochter und sonstige Episödchen den Messie-Film auf. Dass das nicht zu langweilig wird, liegt wie meist in deutschen Fernsehfilmen an sehr ordentlichen Schauspielerleistungen. Esther Zimmering ("Kleine Schwester") spielt die Überforderung bezaubernd. Man möchte sie gern in den Arm nehmen wie Gina und Sandy Holzapfel als ihre Tochter. Jawohl, wegen Arbeitsschutzbestimmungen spielen die Zwillinge ein Mädchen. Auf die Idee kam Elbert, da sie auch einen Dokufilm über Zwillinge dreht.

Das patente Feelgoodmovie würde auch auf dem streng eskapistisch ausgerichteten Freitagstermin der ARD erfreuen, weil es erheblichere Probleme als sonst ("Ein Ferienhaus in Marrakesch") in ähnlich netter Form behandelt. Am Mittwochstermin hätte man sich mehr Mut zu unspektakulärem Realismus gewünscht.

Programmplanerisch betrachtet ist es allerdings ein gutes Kontrastprogramm. Nebenan im ZDF läuft heute das erste Fußballländerspiel nach der EM, was die Einschaltquoten ohnehin belasten dürfte. Wie das Fußballspiel vermutlich nicht ausgeht, zeigt sich leider das Fernsehspiel: ziemlich unentschieden.

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