Kommentar Rettungspaket für Banken: Bundestag entmachtet sich selbst

Mit ihrer Zustimmung zum Banken-Rettungsplan verlieren die Parlamentarier an Einfluss, die Regierung gewinnt an Macht. Die schnelle Zustimmung der Abgeordneten war falsch.

Was derzeit zwischen Finanzsystem und Politik geschieht, ist eine Art Vertrauenskreislauf. Weil sich die Banken gegenseitig misstrauen und kein Geld leihen, bürgt der Staat für Kredite. Er pumpt Vertrauen in das Banksystem. Das muss schnell gehen, der Handlungsdruck ist groß. Deshalb wird der Bundestag heute mit überwältigender Mehrheit für das 500-Milliarden-Euro-Programm der Regierung stimmen. Das Parlament kompensiert den Vertrauensverlust zwischen den Banken mit einem Vertrauensvorschuss für die Regierung.

Dieses Gesetz, heißt es allerorten, sei nötig, um eine Implosion des Finanzsystems zu verhindern. Es gebe keine Alternative. Diesen Satz aber hat man schon zu oft gehört, um nicht misstrauisch zu werden. Zumal wenn er im Chor aufgesagt wird.

Die Parlamentarier stimmen im Eilverfahren einem komplexen Gesetz zu, das keineswegs alle Abgeordneten vollständig begriffen haben. Noch schwerer wiegt, dass sie die genauen Bedingungen der Kreditvergabe nur in Umrissen kennen. Das Gesetz fixiert (jedenfalls in der bis gestern vorliegenden Form), was das Finanzministerium tun kann, nicht was es tun wird. Was die Banken etwa für Eigenkapitalbeteiligungen wirklich tun müssen, soll in Verordnungen geregelt werden, die es noch nicht gibt. Ob dies eine effektive Risikobegrenzung sein wird, können die Parlamentarier schlicht nicht wissen. Sie können es nur hoffen.

Niemand bestreitet, dass Eile geboten ist. Aber wäre es nicht möglich gewesen, dieses Gesetz in zwei statt in einer Woche zu verabschieden? Wäre es nicht klüger gewesen, die - offenbar bald vorliegenden - Verordnungen des Finanzministeriums zu kennen, ehe man dem Gesetz zustimmt? Warum soll, wie es die Grünen fordern, der Haushaltsausschuss des Bundestages bei großen Kreditvergaben nicht mit entscheiden? Dass er nun über wichtige Entscheidungen des Treuhandfonds informiert werden soll, ist ein schaler Kompromiss.

Wenn der Ernstfall eintritt und große Kredite fällig werden, wird das Parlament außen vor sein. Es gibt heute, zumindest potenziell, sein Haushaltsrecht auf. Das Parlament hat künftig weniger, die Regierung mehr Macht. Das ist ein weiterer Kollateralschaden der Finanzkrise.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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