Boxpromoter Don King für Obama: Gangster und Clown

Vom Mörder zum Millionär: Der schwarze amerikanische Boxpromoter Don King hat ein Leben voller Irrungen und Wirrungen: Als Bush-Anhänger will er nun Obama wählen.

Charisma eines Predigers: Don King mit Geschmeide. Bild: dpa

Es sollte ein kurzes Gespräch werden. Nur ein paar Fragen. Zur bevorstehenden Wahl in den USA. Zur Solidarität des einen erfolgreichen Schwarzen mit dem anderen. Aber zwischen in Olivenöl getunktem Brot, Gemüsesuppe, einer reichen Auswahl an Hauptgerichten, dem zweiten Kaffee und den ersten beiden Sambucas wird daraus eine Odyssee durch das Leben eines Mannes, der irgendwo zwischen Fahnen schwenkendem Clown und Gangster pendelt. Den Gangster tut Don King ab, indem er sich zum "Gangster of Live" stilisiert. "Ich weiß, was es bedeutet, zu leben und einen Standpunkt zu haben, das hat mich zu dem kämpferischen Menschen gemacht, der ich bin", sagt der Boxpromoter.

Der Clown will er nicht sein. Deshalb erklärt er sein Faible für Fahnen mit dem Ernst eines großen Patrioten: "Die Flagge bedeutet, dass es Menschen gibt, die bereit sind, für dein Land zu sterben. Sie sorgen für die Sicherung der Freiheit und des Friedens, die du genießt."

Don King spricht von "Würde". Um Geld geht es ihm nicht mehr. Davon hat der 77-Jährige inzwischen genug. Wie viel es genau ist, weiß er angeblich nicht. "Wer weiß, wie viel Geld er hat, hat nicht genug", sagt King. Don King, der schwarze Junge aus dem Ghetto von Cleveland, will Anerkennung. "Das Boxgeschäft ist für mich das Ticket zum Ballsaal", sagt er. Immer noch.

Als wären nicht beinahe 35 Jahre vergangen, seit King mit der Organisation der als "Rumble in the Jungle" in die Geschichte eingegangenen Begegnung zwischen Muhammad Ali und George Foreman in Kinshasa seinen bemerkenswerten Aufstieg vom Mörder zum Millionär einleitete.

King kokettiert mit seinem Schwarzsein, seinem "Handicap", wie er es nennt. Bereits mit 19 war er der Drahtzieher des illegalen Glücksspiels in seiner Heimatstadt. "Wenn dir alle Türen verschlossen bleiben, musst du eben neue öffnen", erklärt er lapidar. Der Mann, der an diesem Abend in einem Berliner Edel-Restaurant sitzt, erinnert nur ab und zu an den mit Havanna und Brillantketten ausstaffierten Marktschreier, der sich am Ring mit wirren Reden inszeniert.

Heute ist King einfach gekleidet: braune Hose, viel zu kurz für seine langen Beine, und ein gelber Pullover. Er isst wie der Junge aus dem Ghetto, schlürft und schmatzt ungeniert. Seine Hände sind die eines Millionärs, professionell manikürt. King ist immer wieder auf die Füße gefallen. Nachdem er einen Mitarbeiter, der ihm Geld schuldete, zu Tode geprügelt hatte, wurde er erst wegen Mordes, und später doch nur wegen Totschlags verurteilt.

Er verbrachte keine vier Jahre im Gefängnis. Glaubt man seinen Boxern, hat er sie alle um Teile ihrer Gagen betrogen, selbst Muhammad Ali. Trotzdem hat er auch heute, jenseits seines Zenits als größter aller großen Boxpromotoren, noch oft die Finger im Spiel, wenn es ums große Geschäft geht. Journalisten und Ermittler, viele haben versucht, seine dunklen Machenschaften aufzudecken. Die wohl umfassendste Sammlung hat der Journalist Jack Newfield in seinem Buch "Don King, Harte Bandagen" zusammengestellt.

King hat das alles überlebt. Ebenso wie zwei Mordanschläge. Sein Haus wurde in die Luft gejagt und er bekam eine Kugel in den Kopf. King ist ein großer, massiger Mann. Sein Blick wird müde. Auf ernste Fragen antwortet King durchaus ernst. Dann bastelt er an getragenen Statements, munter angereichert mit seinem beachtlichen Wissen. Geschichte, Politik, Philosophie - alles geht wild durcheinander. Seine Bildung eignete King sich in der Gefängnisbibliothek an. Im "College des Ghettos", so seine Definition.

Die Präsidentschaftswahlen in den USA am Dienstag sind ein Thema, das King zu langen Exkursen anregt. "Es ist wundervoll, was in Amerika vor sich geht, es ist wie eine Rückkehr in das Jahr 1776, als die Gründerväter sich von King George unabhängig machten", sagt King. "Es ist beeindruckend zu sehen, dass wir jetzt den demokratischen Fortschritt praktizieren, der uns so lange verwehrt wurde."

Natürlich werde er selbst Barack Obama wählen, sagt King. Obwohl er zuletzt George W. Bush unterstützte. "Ich bin weder Republikaner noch Demokrat. Ich bin Amerikaner. Ich will Veränderung, darum geht es." Bush habe die USA auf Obama vorbereitet. Sagt Don King.

Bush habe etwas gegen das stereotype Image der Schwarzen in den Augen der Weißen getan, indem er Condoleezza Rice zu seiner Sicherheitsberaterin und Colin Powell zum Außenminister machte. "Damit hat Bush die Sicherheit unserer Nation mit 300 Millionen Menschen in die Hände von zwei willensschwachen, arbeitslosen, lügenden, betrügenden und stehlenden Schwarzen gelegt." Wenn das funktioniert, muss auch ein Barack Obama Präsident werden können.

So sieht es King, dem selbst seine Kritiker zugestehen, schwarzen Boxern die Tür zum großen Geld geöffnet zu haben. Der zu einer Zeit beim Preisboxen einstieg, als alle großen Kämpfer schwarz und alle großen Promoter weiß waren. Wenn es darum ging, andere übers Ohr zu hauen, machte King aber offenbar nie einen Unterschied zwischen Schwarz und Weiß. Von einem Toiletten-Gang kommt er in Begleitung zurück.

Zwei junge Männer wuseln um ihn herum und lassen sich mit ihm fotografieren. So ist das immer. King spielt jedes Mal mit. Er muss ja Verständnis haben. In seinem iPhone hat er eine umfangreiche Bildergalerie gespeichert. Don King mit Muhammad Ali, mit Jimmy Carter, mit dem Papst. Und und und. "Der einfache Nigger aus Cleveland" mit den Großen dieser Welt.

King bekam ein Talent für Zahlen und das Charisma eines Predigers in die Wiege gelegt. Mit dem Glücksspiel wollte er sich das Geld fürs College verdienen. Doch dann verdiente er so viel, dass es ihm unmöglich erschien, auf der Universität etwas zu lernen, das ihm zu noch mehr Geld verhelfen würde. Er sagt: "Aber dann bin ich im Gefängnis geendet, und damit zurück auf der Erde."

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