Kommentar Fremdenfeindlichkeit: Wohlstand und Rassismus

Eine Rechtsextremismus-Studie setzt Bayern in ein trübes Licht. In Sachen Chauvinismus und Antisemitismus sind die Bayern traurige Spitzenreiter.

Wer bisweilen im bayerischen Alpenvorland unterwegs ist, konnte in den letzten Jahren eine verblüffende Veränderung beobachten. Die weiß-blaue Rautenfahne, von der nur Böswillige oder enttäuschte Zugezogene behauptet hätten, dass sich in ihr ein abstruser Kleinstaatschauvinismus manifestierte, ist weitgehend verschwunden. Inzwischen wird auch im Freistaat bevorzugt deutsch geflaggt.

Dass man dies durchaus als Abbild eines kulturellen und ideologischen Wandels nehmen darf, belegt nun eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung: Bei den Untersuchungsthemen Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Befürwortung einer Diktatur und Verharmlosung des Nationalsozialismus bescheinigt sie Bayern traurige Spitzenwerte.

Bemerkenswert dabei ist, dass der Freistaat nicht nur in Bezug auf die Länder der alten BRD schlecht abschneidet, sondern republikweit. Offensichtlich lässt sich der "mia san mia"-mäßige bayerische Regionalstolz in einer Gesellschaft, die nationale Zurückhaltung nicht mehr als Tugend sieht, auf die nächsthöhere Ebene übertragen.

Nun gestehen die Autoren der Studie selbst ein, die "Unterschiede zwischen verschiedenen Regionen und ihren soziodemografischen und sozialräumlichen Gegebenheiten" innerhalb der einzelnen Bundesländer bei zukünftigen Studien stärker berücksichtigen zu müssen. Der Flächenstaat Bayern mit seinen ausgeprägten Konfliktlinien zwischen Altbayern und Franken, Katholiken und Lutherischen, boomenden Städten und strukturschwachen Gebieten verdient ein genaueres Hinsehen. Anlässlich der bayerischen Landtagswahl wurde dieser Aspekt in den Medien ja auch ausgiebig - und meist herablassend-folkloristisch - kommentiert.

Die Ergebnisse der Studie muss man aber ernst nehmen. Es genügt nämlich ein Blick in das Italien der Lega Nord - eine der reichsten Regionen Europas -, um bestätigt zu finden, dass Wohlstand und Rassismus sehr gut zusammengehen. AMBROS WAIBEL

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Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.

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