Berlin Leibesübungen II: "Karate ist die perfekte Seniorensportart"

Der Steglitzer Arner Wehlan wird Dritter seiner Altersklasse bei den Deutschen Karate-Meisterschaften im "Kato". Dabei hat er erst im Alter von 67 Jahren angefangen. Jetzt träumt der mittlerweile 77-Jährige von einem dritten Gürtel.

Arne Wehlan ist 77 Jahre alt und ein echter Jukur. "Das ist doch ein schönes Wort, oder?", sagt der ehemalige Polizeibeamte aus Steglitz. Jukur ist ein japanischer Ausdruck und wird vor allem im Karatesport benutzt. So werden die Kämpfer genannt, die schon etwas oder auch bedeutend älter sind als ihre Mitstreiter in den besten Jahren. Senioren oder Oldies, Ü-50, Ü-60 oder Ü-70 würde diese Altersklasse in anderen Sportarten heißen, die Wehlan vertritt. Da klingt Jukur wirklich viel besser

Vier große Matten sind am Samstag auf dem Hallenboden in der Turnhalle Schöneberg aufgelegt. Darauf wurden die Deutschen Karate-Meisterschaften der Länder ausgetragen. Gegen Mittag traten die Jukuren an. Es war die Zeit, als die Weltmeister und Deutschen Meister schon längst gekämpft und ihre Sieger ermittelt hatten. Es waren die Stunden von Männern und Frauen weit jenseits des Alters, in dem man noch ernsthaft und ehrgeizig Leistungssport betreiben kann oder möchte. Dann kamen sie einer nach dem anderen barfuß zur Matte. Arne Wehlan, der Berliner Meister des vergangenen Jahres, war der Älteste von ihnen.

"Karate ist die perfekte Seniorensportart", erklärt der rüstige, athletische Rentner. Zwei Minuten lang führt der Karateka auf der Matte eine Art Scheingefecht gegen einen imaginären Gegner. Immer wieder schnellen die Füße oder Arme hoch und werden weit nach vorn geschleudert. "Kata" heißt diese Stilrichtung des Karatekampfs. Im Gegensatz zu "Kumite", wo zwei Gegner sich direkt bekämpfen, ist man in der Kata allein auf der Matte.

Kata wirkt fast wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit. Es vermittelt eine Art von fernöstlicher Mystik. Und das selbst in einer eher tristen Schöneberger Turnhalle. Die Aktiven scheinen ihre Umwelt zu vergessen. Die Kämpfer wirken tief in sich gekehrt, sind aber ansprechbar und überaus freundlich und höflich.

"Man kann die Sportart, die Bewegungsabläufe ziemlich schnell erlernen. Es ist nicht kompliziert und nicht sonderlich anstrengend. Aber es gibt dir schnell einen echten Kick", erklärt Wehlan. Lange hatte er nach dem perfekten Sport für Senioren gesucht. Vor zehn entdeckte er erst dann die aus Japan stammende Sportart. Nach sieben Jahren erkämpfte sich der Rentner den ersten Gürtel, den Dan. Der zweite Dan folgte vor zwei Jahren "und den dritten will ich mir in drei Jahren erkämpfen. Dann ist Schluss", erklärt der Kämpfer.

Seine Frau schimpfe schon ob seines Trainingsfleißes, sagt er etwas verlegen. Fünfmal die Woche trainiert der Jukur in Steglitz. "Das ist doch besser, als auf dem Sofa zu sitzen und Fernsehen zu schauen. Und im Fall der Fälle kann ich mich gegen Angriffe auf der Straße wehren", ergänzt Wehlan noch. Auch wenn seine Frau darüber sicher anders denkt. Die ist lieber daheim geblieben an diesem Samstag, als es ihren Gatten mal wieder auf die Matte zum Karatesport treibt. Sie hat was verpasst. Ihr 77-jähriger Mann wurde Meisterschaftsdritter in seiner Altersklasse.

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