: Was so alles passieren kann
STUDIE Die Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“ hält Brokdorf für den gefährlichsten deutschen Meiler
Das Gutachten könnte Drehbuchautoren auf der Suche nach der besten Katastrophe helfen: 21 mögliche Ursachen für eine Kernschmelze im Atomkraftwerk Brockdorf listete Dieter Majer auf, sie reichen von Blitzschlag über Cyber-Attacke und Flugzeugabsturz bis Stromausfall.
Der Diplom-Ingenieur wollte aufzeichnen, was so alles passieren kann: Kein Politiker solle nach einem Unfall sagen, damit sei nicht zu rechnen gewesen, sagte der Beamte im Ruhestand, der in Hessen und im Bund in den Atomaufsichtsbehörden tätig war. Wie wahrscheinlich die Szenarien sind, sagt das Gutachten aber nicht, das Majer im Auftrag der Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“ vorlegte.
Für „Ausgestrahlt“-Sprecher Jochen Stay ist das AKW an der Unterelbe der zurzeit gefährlichste deutsche Meiler. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) kann das nicht bestätigen: „Gravierende Mängel sind derzeit nicht bekannt. Sollten solche vorliegen, würde die Atomaufsicht sofort einschreiten.“
Die grundsätzliche Einschätzung teilt Habeck aber: „Risiken können nicht völlig ausgeschlossen werden. Gerade deshalb steht die Landesregierung für den Atomausstieg und die Energiewende.“ Detlef Matthiessen von der grünen Landtagsfraktion erklärte, wenn es neue Risiken gebe, müssten die Betreiber Eon und Vattenfall nachrüsten. Das wäre aber laut Gutachter Majer weder technisch noch finanziell kaum umsetzbar.
Gut jedes Vierteljahrhundert passiere weltweit ein GAU, so Majer: „Wir wissen, dass irgendwann etwas passiert, wir wissen nur nicht wo.“ In der Regel sei eine Kette von Ereignissen Schuld an einer Panne. Für sein Gutachten hatte er sich nicht selbst in Brokdorf umgeschaut, sondern die Szenarien beschrieben, die in allen Reaktoren dieses Typs auftreten könnten. So nennt er auch Erdbeben als eine mögliche Gefahrenquelle – und die sind in der norddeutschen Tiefebene eher unwahrscheinlich. EST