WAZ-Gruppe streicht 300 Stellen: Alles für die Qualität
Die WAZ-Gruppe streicht 300 Stellen bei ihren Zeitungen in NRW - wo genau, verraten bisher nur die Betriebsräte
Dass die WAZ 32 Millionen Euro bei ihren NRW-Titeln einsparen will, ist bekannt. Aber ja eigentlich nur ein Nebenaspekt. Tatsächlich nämlich - das betet die Essener Mediengruppe jedenfalls immerfort runter - geht es darum, die Qualität der Zeitungen zu steigern. Wie, das hat der Verlag am Mittwoch näher dargelegt: So werden bei den NRW-Blättern "rund 300 Stellen" gestrichen und etliche Lokalredaktionen geschlossen, heißt es. Wie gesagt: Alles für die Qualität.
Die rund 900 Redakteure der WAZ-Gruppe könnten darüber lachen, wäre die Lage nicht so ernst. 330 Stellen gehen wohl drauf, sagt der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), der das Vorhaben als "konzeptlose Vernichtung journalistischer Arbeitsplätze" geißelt. Ursprünglich sollten bloß 260 Stellen wegfallen, kaufmännische Angestellte inbegriffen. Doch durch die Schließungen im Lokalen hat sich die Zahl abermals erhöht: Die WAZ-Gruppe wird in ihrem Stammbundesland künftig nur noch mit einer Redaktion an den Standorten vertreten sein - einer der größten Eingriffe in die lokale Medienvielfalt ist besiegelt.
Dass bei der Westfalenpost gleich mehrere Lokalredaktionen dichtgemacht werden, ist ein Witz in sich. Immerhin soll sich die WP als "Heimatzeitung" neu aufstellen - und nun zieht sie sich aus Teilen ebendieser Heimat zurück. Welche Redaktionen zumachen, dazu will die WAZ-Gruppe "mit Rücksicht auf die Kollegen" immer noch nichts sagen. Aus Betriebsratskreisen wird aber bestätigt, dass die WP ihre Dependancen in Ennepetal, Gevelsberg, Schwelm, Siegen, Soest und Werl aufgibt und beim Schwesterblatt Westfälische Rundschau in Bad Berleburg, Meschede und Olpe die Rechner ausgehen. Die WR-Redaktion in Siegen wird überdies geschrumpft; in Arnsberg und Hagen bleibt die WP-Redaktion bestehen und liefert ihren Lokalteil an die WR, die den dann mit eigenen Texten aufhübscht. Welche Veränderungen bei den anderen beiden WAZ-Blättern in NRW, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) und der Neuen Ruhr-/Rhein-Zeitung (NRZ), anstehen, ist noch nicht bekannt.
Die Betriebsräte haben derweil den Kaffee auf, wie man im Ruhrpott sagt: Nachdem die WAZ ihr Konzept präsentiert hatte, legten sie eigene Pläne vor. WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach lobte diese als "sehr konstruktiv" und kündigte an, man werde sich inspirieren lassen. Die Realität sieht offenbar anders aus: Kaum etwas sei übernommen worden, klagt ein verbitterter Betriebsrat: "Die ganze Arbeit - da hätten wir auch einen trinken gehen können."
Mit der Umsetzung des Sparkonzepts will der Konzern im Mai beginnen. Dann sollen auch der zentrale Mantel-Desk und acht regionale Produktions-Desks installiert werden; außerdem gelte "in allen Redaktionen künftig das Prinzip Online First", weshalb die Onlineredaktion um 20 Redakteure aufgestockt werde. Wie viele Angestellte bereits ein Abfindungsangebot angenommen haben, ist weiter offen. In der ersten WAZ-Pressemitteilung hieß es, 200 Menschen hätten eingewilligt. Nun heißt es, 200 Mitarbeitern sei "ein Angebot" gemacht worden. Die müssen sich jetzt entscheiden, ob sie das Schiff verlassen - oder an der Qualitätsoffensive teilnehmen wollen.
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