Mainz 05 schlägt Schalke 04: Ein Team löst sich auf

Der FC Schalke 04 ist überraschend aus dem DFB-Pokalwettbewerb geflogen - gegen den Zweitligisten Mainz 05. Dieser zieht nun erstmals ins Halbfinale des Pokals ein.

Freute sich über den Einzug ins Halbfinale: Der Mainzer Torhüter Dimo Wache. Bild: reuters

MAINZ taz Josef Schnusenberg betrat gleich nach Manuel Neuer die Kabine. Wie in Trance war der Vorstandsvorsitzende des FC Schalke 04 direkt nach Schlusspfiff hinunter in den Kabinentrakt des Mainzer Stadions am Bruchweg geschlichen wie jemand, der nicht gesehen werden will. Torwart Manuel Neuer trat gegen eine Tür, dass es nur so schepperte. Schnusenberg verzog keine Miene, ging weiter und nach und nach schleppten sich alle Schalker Spieler in die Umkleideräume. Dann ging die Tür zu. Und als schließlich Schalkes Trainer Fred Rutten nach TV-Interviews an die Tür klopfte und um Einlass bat, wirkte er wie ein Bittsteller. Keiner hörte das Klopfen, ein junger Mann musste herbeieilen und öffnete schließlich mit einem Schlüssel die Tür.

Der FC Schalke 04 erlebte am Dienstagnacht den bisherigen Tiefpunkt einer ohnehin vermasselten Saison: das Aus in der Champions-League-Qualifikation, Aus in der Uefa-Cup-Zwischenrunde und nun das Aus im DFB-Pokal beim Zweitligisten Mainz 05. Mit 0:1 hatten die Schalker einen brachialen Pokalkampf jäh in vorletzter Minute verloren.

In Mainz wissen sie nun nach dem erstmaligen Einzug unter die letzten vier im DFB-Pokal, dass sie auch ohne ihren Kulttrainer Jürgen Klopp Geschichte schreiben können. "Einen großen Tag für den Klub und die Stadt Mainz", sagte Nullfünf-Präsident Harald Strutz. In der Liga auf Aufstiegskurs und mit dem Geld aus dem Pokal finanziell abgefedert, wollen die Mainzer und ihr ehrgeiziger Trainer Jörn Andersen sich spätestens 2010 in einem neuen, größeren Stadion als Bundesligist etabliert haben.

Dort ist Schalke gerade mal ein Jahr nach dem Einzug ins Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Barcelona dabei, sich grandios aus der Riege der Spitzenklubs zu verabschieden. Erreicht der Klub das internationale Geschäft nicht, werde es große finanzielle Einschnitte geben, kündigte Vorstand Schnusenberg noch einen Tag vorm Desaster in Mainz an. Spielerverkäufe werde es dann geben, wird gemunkelt. Teure Akteure haben die Schalker genug. Kevin Kuranyi etwa oder Orlando Engelaar, der noch vergangenen Sommer EM-Spiele für die Niederlande bestritten hat.

Der FC Schalke 04 wirkt zermürbt von all dem Anspruch, den diese mit einigen grandios überschätzen Spielern zusammengestellte Mannschaft nicht erfüllen kann. Dieser FC Schalke wirkt wie ein untergehendes Imperium. Der Zerfall ist in allen Teilen zu bestaunen. Nichtsdestotrotz träumte Schnusenberg noch am vergangenen Samstag, nach dem glücklichen Sieg in Frankfurt, von der Champions League. Seinen Optimismus dürfte er am Dienstag in Mainz endgültig verloren haben.

Nachdem Schnusenberg Dienstagnacht die Schalker Umkleidekabine verlassen hatte, blieb er kurz im Presseraum stehen und schaute hoch zum Fernsehbildschirm. Dort gab gerade der Schalker Manager Andreas Müller ein Interview, wie es im Fußball Trainer und Manager nur tun, wenn alle Hoffnung aufgebraucht ist. "Ich bin geschockt", sagte Müller. Gezeichnet wie der ganze Verein verknüpfte Müller sein Schicksal mit dem des Trainers. "Entweder man hat ein Bekenntnis zur sportlichen Leitung oder man hat keines", sagte er.

Dass der in der Halbzeit ausgewechselte Kuranyi in der neuen Saison noch in Schalke sein wird, scheint nach den Andeutungen Müllers unwahrscheinlich. "Wir wissen, was wir an ihm haben. Wir werden uns mit ihm nach der Rückrunde zusammensetzen und dann sehen. Aber es gehören immer zwei dazu", sagte Müller. Trainer Rutten indes verkündete, er wolle in Schalke bleiben und verwies Meldungen aus Holland, die von einem baldigen Engagement des Holländers beim PSV Eindhoven künden, ins Reich der Spekulation.

Nachdem er Müllers Aussagen gehört hatte, verließ Schnusenberg das Mainzer Stadion am Bruchweg. Antworten auf die Fragen der Reporter verweigerte er. Am Freitag kommt der 1. FC Köln zum Ligaspiel in die Arena. "Da müssen wir die Nasen hochhalten", sagte Rutten. Nur wie das gelingen soll, weiß er wohl selbst nicht.

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