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Richlings "neues" KabarettformatAusgelatschte Pfade

Satire? Gipfel! - Dieter Hildebrandts Rumgezicke ist genauso geistlos wie Mathias Richlings neues Format.

Neues Konzept? Mathias Richling hat viel versprochen, aber wenig gehalten. Bild: rbb

Das Theater hatte begonnen, bevor auf der Bühne der erste Satz gesprochen war: Dieter Hildebrandt, der Helmut Schmidt der Bühnensatire, hatte Nachfolger Mathias Richling die Verwendung des Titels "Scheibenwischer" verboten. Wenige Tage vor der Premiere. Hildebrandt besitzt seit den "Scheibenwischer"-Anfängen 1980 die Rechte an dem Titel.

"Auch ein einzelner Papst kann nicht dogmatisch festlegen, was Kabarett zu sein hat, und abweichende Vorstellungen der Exkommunikation unterwerfen", konterte der neue Kabarettalleinverantwortliche Richling darauf via Spiegel, und Hildebrandt legte in der Süddeutschen nach: "Ich traue ihm nicht zu, dass er die Kabarettsendung als erster Mann lenken kann."

Stein des Anstoßes: Richlings neues Konzept. Er wollte die Sendung auch Comedians und Schauspielern öffnen und diesen die Bälle zuspielen, als Anchorman. Das gab es spätestens seit Rudi Carrells "Tagesshow" von 1981 ein halbes Dutzend Mal im deutschen Fernsehen.

Hildebrandt stanks trotzdem: Comedians im Politkabarett? Bäh! So heißt das Programm jetzt inspirationsfrei "Satire-Gipfel" - und übertrug diese Gedankenarmut auch gleich in die Auftaktsendung.

Am Donnerstag (22.45 Uhr, ARD) war einer dabei, der selbst schon den Nachrichtenmoderator zwischen den Sketchen gemimt hat: Ingolf Lück. Damals bei Sat.1 in der "Wochenshow". Vor solch einer Show hatte Hildebrandt wohl Angst. Lück durfte auch gleich mal den Anfang machen und über die Abwrackprämie lästern: Die Witze waren nicht gut und nicht politisch. Hildebrandt wird es gefreut haben. Als Nächstes war Philipp Weber an der Reihe, der klaute Witze von US-Comedian Chris Rock, haute auf die amerikanische Politik ein. Matthias Seling widmete sich dem nationalen Terrorismus und Frank Lüdecke Bonuszahlungen für Bankmanager. Die Themenpfade, die Richling den Herren vorgab, waren mehr als ausgelatscht.

Von dem neuen Konzept war derweil nicht viel zu merken. Es stand zwar ein Schreibtisch auf der Bühne rum, in dessen Hintergrund ein Flachbildschirm und ein paar große Uhren hingen, doch den Platz des Anchormans nahm Richling zu keiner Sekunde ein. So bleibt der Eindruck, dass das Ganze auch ruhig weiter hätte "Scheibenwischer" heißen können. Denn der Gipfel der weich gekochten und faden Unterhaltung war schon vor der Sendung erreicht - von den alten Scheibenwischern Hildebrandt und Richling.

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11 Kommentare

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  • EK
    Erwin Knolle

    Ob Scheibenwischer oder Notizen aus der Provinz, Hildebrandt fand ich gut. Aber Richling und Co. sind unerträglich und einfach nur peinlich. Zum Glück gibt es Pispers, Priol und Schramm. Und Schmickler nicht zu vergessen!

  • N
    Nina

    @Martin: Was soll Richling sein. Ein Imitator? Nicht mal das kann er, ohne sich verkleiden. Und selbst dann ist er nur peinlich. Der Mann nervt einfach nur.

  • F
    F.W.

    Ralph,

    Richling wird nicht in die Anstalt gehen. Schramm hat das Projekt mit Priol ja überhaupt erst gestartet, nachdem er mit Richling im Streit auseinanderging, als es um ein neues Konzept für den Scheibenwischer ging.

     

    Das neue Konzept das Richling einführt aber passt und ist konsequent,denn er macht ja auch nur noch Verkleidungs-Comedy seit Jahren.

    Gut,dass der Name Scheibenwischer von Hildebrandt aus dem Verkehr gezogen wurde. Mit dem was er mal war hatte es lang nichts zu tun mehr.

     

    Auf Grund welcher Ereignisse der Autor oben auf Hildebrandt rumhackt ist aber auch des Autors Geheimnis. Hildebrandt der Schmidt der Bühnensatire....was soll dieses Bild und sagen?

  • H
    Hank

    Man muss bedenken, dass gleichzeitig Clips von Hagen Rether, Volker Pispers, Georg Schramm und Urban Priol auf Youtube Klickzahlen erreichen ,die ansonsten Popstars vorbehalten sind. Also von einer allgemeinen Krise des hiesigen politischen Kaberettes kann keine Rede sein - im Gegenteil!

     

    Es ist die "Generation" Richling, Rogler und Jonas die einfacher schwächer ist als deren Vorgänger und Nachfolger.

  • PV
    Peter v. K.

    Hab die Sendung auch nicht gesehen, aber die Diskussion so'n bißchen mitverfolgt. Der Richling wird meiner Ansicht nach überschätzt. Die Ulla Schmidt macht er ganz gut, muss er aber nicht machen. Als er so anfing, da fand ich ihn wirklich erfrischend, doch nach ner Weile geht dieses verbiesterte Gehaspel auf die Nerven. Denn man versteht teilweise die Zusammenhänge nicht mehr, wenn sich selbst ständig ins Wort gefallen wird. Und das artet dann in einen Stil aus, der um seiner selbst Willen gepflegt wird. Als Nummer zwischendurch freilich immer noch witzig. Jedoch: Manche sind als Nummer unter Leitung besser als als Leitung über Nummern.

  • R
    reblek

    Den Nachweis, dass Hildebrandt, der, für mich verständlich, nicht mehr so frisch ist wie vor 20 Jahren - da möchte mensch doch den Rezensenten im selben Alter erleben -, "rumgezickt" hat. Und der Vorwurf, dass der "Scheibenwischer" schon mit Hildebrandt und Richling das Niveau vom "Satire-Gipfel!" erreicht habe, trifft nach meiner Erinnerung vor allem für die Zeit nach Hildebrandt und vor allem nach Georg Schramm zu. Da waren die Auftritte von Jonas, Rogler und Richling weitgehend nur peinlich und bedauerlich. Schade eigentlich, dass eine Sendung auf das gekommen ist, was unter diesem Text als Wort eingegeben werden muss, das der Spamvermeidung dient, wie es heißt: hund. Irgendwie war der "Scheibenwischer" zuletzt genau dies und der "Satire-Gipfel!" wird es erst recht bleiben.

  • R
    Ralph

    Klar, Richlings beste Zeit war nun mal im "Scheibenwischer",zusammen mit Hildebrandt. Aber die Zeit ist nun mal vorbei, das sollte auch M.Richling einsehen. Entweder ihm fällt was wirklich Neues ein oder er sollte es lieber lassen. Oder versuchen, sich irgendwie in die Anstalt einliefern zu lassen, dort hätte er vom Konzept her sicher viele Möglichkeiten. Denn Priols Anstalt ist in Sachen Politsatire, Humor und Bissigkeit den letzten Sendungen des "Scheibenwischers" oder "Satire-Gipfels" doch haushoch überlegen.

  • SS
    Sebastian Schneider

    Richling ist eben nur ein oberflächlicher Comedian. Für mich muss Kabarett tiefgründer sein - und auch lustig, aber nicht zwangsweise. Kabarett wird auch dadurch so besonders, dass einem etwas Wichtiges vermittelt werden soll.

     

    Georg Schramm, Hagen Rether und Volker Pispers zeigen wie es geht; und Hildebrandt hatte völlig Recht, Richlich dem Namen dieses ehemals so wichtigen Fernsehformats des Scheibenwichers zu entziehen.

  • DD
    Dankwart Dussek

    Na, da hat der Hildebrandt doch wohl recht gehabt, dem Richling den Titel zu entziehen, oder? Was soll der Doyen der intelligenteren deutschen Satire auch klaglos zusehen, wie eine Lusche wie Richling quasi sein Lebensweg den Bach runtergehen lässt?

     

    Wenn aber einer allen Ernstes unter der unsäglichen Überschrift "Satire Gipfel" irgendein Niveau halten, erreichen oder auch nur anpeilen will, muss man praktischerweisse nicht mal mehr den Humbug ansehen, um seinen Senf dazugeben zu können!

     

    So wie ich jetzt ...

    :)

  • M
    Martin

    richling war doch auch nie ein echter politischer kabarettist, vielleicht kann man das nur sein, wenn man auch politisch ist, d.h. seine politische Ausrichtung im Kabarett einbaut, was sich ja auch kaum verhindern läßt. insofern war richlings vorwurf, hildebrand hätte pro spd kabarett gemacht kein vorwurf, sondern ein ungewolltes lob. richling macht einfach nur witze über politik wie jeder andere comedian es auch könnte. manche zu seicht, manche mit billiger hohoho-garantie - zum vermeintlichen ausgleich. dann ist er noch ein imitator, was über für das kabarett nicht unbedingt erforderlich ist. echtes kabarett mit politischer botschaft, also mit tiefe, gibt es mit der "anstalt" im zweiten. die ist besser als der scheibenwischer war, da kann man viele jahre zurückblicken ...

  • KP
    Klaus Plath

    Herr Lück sollte seinen Porsche Cayenne abwracken und somit etwas gegen die Umweltverschmutzung tun. Vielleicht wird er dann witzig. Aber alles Geschmacksache!