die wahrheit: Wunschfee Merkel

Woran erkennt man, dass man schwer erkältet ist? Man dreht sich auf der Straße um, weil einem angeblich jemand hinterherläuft - und dann merkt man: ...

... die unheimlichen Geräusche kommen aus der eigenen Nase.

Den ganzen Winter über war ich verschont geblieben, doch jetzt im nasskalten Vorfrühling warf es mich um. Kaum lag ich darnieder, da klingelte es auch schon an der Tür. Ich schleppte mich hin, und vor mir stand eine alte Frau, die ich erst auf den zweiten Blick erkannte: Angela Merkel! Die Kanzlerin! Sie bot ein jämmerliches Bild: Merkel am Ende ihrer Amtszeit, mitten in der großen Krise. Sie besaß kaum noch Zähne im Mund, nur ein einzelner Kuchenzahn ragte heraus. Im Gesicht hatte sie mehr Falten als ich am Sack.

"Ich komme nicht als Kanzlerin, sondern als Fee. Sie haben drei Wünsche frei", erklärte Merkel. Ich musste sofort an den Witz denken mit dem Iren, der sich von einer Fee als Erstes eine Dose Guinness wünscht, die niemals leer wird, und auf die Frage der Fee nach seinen anderen Wünschen antwortet: "Ich möchte noch zwei Dosen." So dumm würde ich nicht sein.

"Warum gibt es keine gelungene Satire über die Kanzlerin Angela Merkel?", wollte ich wissen. "Ist das schon Ihr erster Wunsch?", fragte Merkel. "Ich habe es bereits mehrmals versucht", berichtete ich, "bin aber jedes Mal kläglich gescheitert." - "Wieso?", stutzte Merkel. "Ein Grund ist, dass Sie eine Frau sind. Wenn ich beispielsweise zu solch einem traditionellen Mittel der Komik greife wie derben Formulierungen, wirkt das extrem unhöflich. Stellen Sie sich vor, ich würde schreiben, Sie hätten mehr Falten im Gesicht als ich am Sack …" - "Das ist ja geschmacklos!" - "Ja, aber Satire ist nie geschmackvoll. Bei einer Frau allerdings wirkt das besonders brutal."

"Dann benutzen Sie doch das wichtigste Mittel aller Satiriker, die Übertreibung." - "Das machen Sie schon selbst, wenn Sie im Fernsehen sagen, Sie seien ,das deutsche Staatsoberhaupt'." - "Das bin ich doch!" - "Sie glauben das also tatsächlich. Wie soll man das noch übertreiben?"

"Warum nehmen Sie dann nicht das älteste Mittel der Satire: die Tierparabel?" - "Zu verschnarcht. Das geht heute nicht mehr. Oder was meinen Sie, welches Tier Sie sind?" - "Eine Tigerin?" - "Das glauben Sie doch selbst nicht." - "Ein Ferkel?" - "Oje, Merkel-Ferkel. Ein Kabarett-Kalauer aus der Wortspielhölle. Nein, Sie lassen sich noch nicht mal als Tier karikieren." - "Aber ich bin doch immerhin eine Fee." - "Ja, aber gewöhnlich erscheint eine Fee als wunderschöne Frau. Und Sie?" - "Kein Problem: Wenn das Ihr zweiter Wunsch ist", spottete Merkel und verwandelte sich in eine zauberhafte junge Frau.

"Das ist wieder typisch Mann", moserte Merkel. "Erst bin ich eine alte Hexe und nun eine ,zauberhafte junge Frau'. Nur das Äußere zählt!" - "Aber wie soll man auch Ihre Taten würdigen? Das ist doch nichts als Herumgepfusche. Dann möchte ich in der Krise wenigstens eine ästhetisch ansprechende Erscheinung statt einer verbitterten Kanzlerin mit Mundwinkeln, die bis zum Boden herunterhängen."

"Und Ihr dritter Wunsch?", murrte Merkel. "Weg mit der Erkältung!", rief ich, und - plopp - war Merkel verschwunden.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.