Anschlag auf Königin Beatrix: Niederlande unter Schock
Zum Entsetzen über den Anschlag auf Königin Beatrix kommt nach dem Tod des Täters die Ungewissheit: War es ein weiterer politischer Mordversuch in den Niederlanden?
Selten hat sich Königin Beatrix so in der Öffentlichkeit gezeigt: Vom Schreck gezeichnet und mit zittriger Stimme verkündete sie Stunden nach dem Anschlag auf ihre Familie am Donnerstag im Fernsehen ihr Entsetzen. Außerhalb der ostniederländischen Stadt Apeldoorn, wo das Königshaus den Nationalfeiertag mit einem Defilee beging, stellte sich der Schock erst mit Verzögerung ein. Zu beschäftigt waren die orange gewandeten Untertanen am Donnerstag noch mit Trinken und Tanzen im Namen der Monarchie. Inzwischen wich die Partystimmung Verunsicherung. Was brachte den Täter dazu, mit seinem Auto durch die Menge auf den königlichen Bus zuzurasen? Und welche Folgen hat diese Amokfahrt, bei der fünf Menschen starben und zwölf verletzt wurden?
Das Motiv des Attentats wird wohl im Dunkeln bleiben, denn der 38-jährige Täter aus einer benachbarten Kleinstadt, der als unauffälliger Einsiedler beschrieben wird, erlag in der Nacht zum Freitag seinen Verletzungen. Die Durchsuchung seiner Wohnung hatte keine Hinweise geliefert.
Der plötzliche Gewaltausbruch mit tödlichen Folgen und möglichem politischen Hintergrund bringt reflexartig die Bilder vom Mai 2002 und November 2004 wieder in Erinnerung: Der messianisch verehrte Populist Pim Fortuyn erschossen auf einem Parkplatz in Hilversum. Der Publizist und Polemiker Theo van Gogh mit dem Messer eines Islamisten in der Brust vor einem Amsterdamer Park. Und jetzt die königliche Familie, die sich noch immer großer Beliebtheit erfreut?
Wiewohl all diese Spekulationen nun ins Leere laufen - deutet doch wenig auf ein politisches Motiv hin. Soweit bekannt, verlor der Täter vor kurzem seine Arbeit und konnte das Geld für die Miete nicht mehr aufbringen. Alles deutet auf den Ausraster eines Einzelnen hin, dem möglicherweise ein Plan zugrunde lag. Doch die Wunden der jüngsten traumatischen Erfahrungen sind nur notdürftig verheilt. Seit den brennenden Moscheen nach dem Mord an van Gogh hat sich die Stimmung nur vordergründig beruhigt. Verschiedentlich wird jetzt auch Erleichterung geäußert, dass das Attentat von einem Niederländer begangen wurde.
Doch selbst ohne politischen Hintergrund ist der Effekt des "Schwarzen Königinnentags" enorm. Dass Beatrix und ihre Familie an ihrem Ehrentag angegriffen wurden, gilt als Anschlag auf die gesamte Gesellschaft. Das Verhältnis der Monarchin zur Öffentlichkeit wird sich daher in Zukunft ändern. Zwar will sie am Montag wie geplant in Amsterdam an den Gedenkfeiern für die Toten des Zweiten Weltkriegs teilnehmen. Die Sicherheitsmaßnahmen in der Hauptstadt aber werden erheblich verschärft.
Leser*innenkommentare
o aus w
Gast
Lektorat, bitte: Im Frontispiz steht "KÖNIG Beatrix".
***Anmerkung der Redaktion: Behoben, danke für den Hinweis.
Elli
Gast
Inzwischen wird in der niederländischen Presse berichtet, dass der Mann kein Einzelgänger oder Sonderling war (siehe Reformatorisch Dagblad, siehe Trouw, 1. Mai 2009).
Der Bürgermeister der Gemeinde, wo der Täter lebte, hatte mit den Nachbarn (Appartementkomplex) auf einer Versammlung Gespräche geführt. Zwanzig Nachbarn waren gekommen. Sie wehrten sich gegen das Bild, das von den Medien gezeichnet worden war. Er sei ein normaler Mann gewesen, nicht besonders gesellig, aber auch nicht abweisend.