Continental soll Schaeffler übernehmen: Die Milliardärin schlucken

Wie bei Porsche und VW: Der ehemalige Dax-Konzern Continental will den Spieß umdrehen und die überschuldete Schaeffler kaufen. Banken und Gewerkschaften sind mit an Bord.

Nix mit Rettungsschirm: Kreativer Protest im Mai gegen das Management und den Personalabbau bei Schaeffler. Bild: dpa

Im Übernahmepoker von Continental und Schaeffler deutet sich eine dramatische Kehrtwende an: In den Rettungsbemühungen um die beiden hochverschuldeten Autozulieferer könnte nun Conti Schaeffler übernehmen - statt umgekehrt und wie bisher geplant. Über diesen Plan ist die IG Metall nach Angaben ihres Schaeffler-Betreuers Wolfgang Müller informiert, wie er am Mittwoch der Nachrichtenagentur AP sagte. "Die Gewerkschaft wäre einer solchen Lösung nicht abgeneigt". Endlich klare Verhältnisse seien wichtig.

Der Betriebsrat von Schaeffler forderte am Mittwoch schnell eine Fusion "auf Augenhöhe". Das allerdings entscheiden andere. Das "Handelsblatt" berichtete zuvor, in den Rettungsbemühungen um die hochverschuldeten Autozulieferer werde von Beratern eine Fusion der Unternehmen unter dem Dach von Conti geprüft.

Auch ein Schaeffler-Sprecher sagte, die Integration des Unternehmens in Conti sei eine Option, die geprüft werde. Ursprünglich hatte Schaeffler seit Monaten versucht, den Börsenkonzern zu schlucken. Berater von Roland Berger prüfen jetzt, die Schaeffler-Gruppe komplett in den Conti-Konzern zu überführen. "Das ist ein Modell, das funktionieren könnte, und es scheint derzeit das einzige Modell zu sein", zitierte die Zeitung Gläubigerkreise - also Banken.

Für das Konzept spricht demnach, dass die Banken hoffen, dabei allzu hohe Abschreibungen auf die mit Anteilen von Conti und Schaeffler besicherten Kredite vermeiden zu können. Zudem könnten die Banken bei einer Teilumwandlung ihrer Kredite in Conti-Aktien diese später besser verkaufen, als Anteile an der nicht börsennotierten Schaeffler-Holding. Auch in der Politik gebe es breite Unterstützung für den Plan, hieß es. Die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Bayern und Hessen, wo große Werke der beiden Unternehmen stehen, seien eingeweiht.

Es ist keine leichte Zeit für Milliardärsfamilien. Marie Elisabeth Schaeffler war die reichste Fränkin aller Zeiten. Zusammen mit ihrem Sohn Georg hat sie die Schaeffler-Gruppe geerbt und ausgebaut. Je nach Quelle werden die beiden auf 4,9 Milliarden Euro (manager magazin, nur Privatvermögen) oder 8,5 Milliarden Dollar (die US-Zeitschrift Forbes für das Jahr 2008) geschätzt. Die Chefin und ihre 71.000 Mitarbeiter beliefern mit Wälzlagern und Autoteilen die ganze Welt. Mit Hilfe eines cleveren Vorstandschefs hat sie ihr Familienunternehmen stetig ausgebaut, feindliche Übernahmen eingeschlossen.

2008 starteten sie den ganz großen Coup, die Übernahme eines der 30 größten Firmen Deutschlands, der Continental AG. Alles clever mit Optionen über Börsen und Banken eingefädelt und Conti damit überrascht. Dann kam die Wirtschaftskrise, Anschlusskredite wurden teuer oder fielen aus, elf Milliarden Euro Problemschulden standen in den Büchern und keine Gewinne, um die Zinsen zu zahlen.

Das Conti-Management wehrte sich von Anfang an mit allen Tricks, jetzt spielte die Zeit und die Krise in ihre Hände - wie bei Volkswagen. Dort ging dem wendigen, aber kleinen Pirat Porsche mitten in der Schlacht mit dem Flugzeugträger VW das Pulver aus. Dumm gelaufen, die Hackordnung bei den deutschen Konzernen bleibt erst mal gewahrt. Und als börsennotierter Großkonzern kann Continental-Schaeffler viel besser Staatshilfe beantragen als eine private Schaeffler-Continental-Gruppe. Denn welcher Politiker leiht schon gerne im Wahljahr einer Milliardärin elf Milliarden?

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