Vogelschutzinsel Mellum: Verkohltes Paradies
Bei dem Feuer auf der Nordseeinsel Mellum sind mehrere tausend Vögel verbrannt. In der Kritik steht nun das Verhalten der Behörden bei den Löscharbeiten.
Die Nordseeinsel Mellum bietet nach drei Tagen Brand einen traurigen Anblick. Rauchschwaden ziehen über den verkohlten Überresten der Vegetation. Das unbewohnte Vogelparadies ist kaum wiederzuerkennen.
Ein großer Teil des von Deichen geschützten Innenbereiches der Insel ist abgebrannt, aber auch die äußeren Salzwiesen sind betroffen. Insgesamt wurden etwa 25 Hektar beschädigt, vermutlich sind einige Tausend Vögel verbrannt. Zudem wurde die Arbeitsplattform des Naturschutzvereins Mellumrat zerstört. Der Sachschaden von etwa 14.000 Euro ist ein empfindlicher Schlag für den Verein, der nicht öffentlich gefördert wird.
Was Kreisbrandmeister Zirk in Rage bringt, ist der Verlauf der Löscharbeiten. Auf Mellum gibt es kein Wasser, und das offene Meer war zu weit vom Brandherd entfernt - vier Kilometer weit reicht kein Schlauch. Ein Löschhubschrauber von der Bundespolizei wurde am Mittwoch angefordert und zugesagt, "aber dann war es doch schon zu dunkel", erzählt Zirk. Am Donnerstag kam der Hubschrauber, aber ein Ventil fiel aus - es wurde noch ein Tag verloren. Erst am Freitag konnten Löscheinsätze geflogen werden. "Aber nach nur sieben Flügen war schon wieder Schicht im Schacht", sagt Zirk - wieder der gleiche technische Schaden.
Auch um einen Ersatzhubschrauber von der Bundeswehr hatte man sich bemüht, aber es hätte zu lange gedauert, bis alle Formalitäten erledigt worden wären. Also löschten die Feuerwehrmänner auf der Insel den Brand vom Boden aus. Erst am Samstag Morgen waren alle Flammen gelöscht.
Private Hubschrauber hätten keine Zulassung durch das Land gehabt, sagte Kreisbrandmeister Werner Zirk. Wenn ein Hubschrauber rechtzeitig gekommen wäre, hätte das Feuer nach zwei Stunden gelöscht werden können.
Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Helialert im Deutschen Hubschrauber-Verband steht bundesweit ein Pool von 180 Hubschraubern für die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr bereit. Mit Niedersachsen gebe es bisher jedoch keine vertragliche Regelung für Notfälle. Das Land habe im April alle Landkreise und kreisfreie Städte informiert, dass kurzfristig weder bei der Bundeswehr noch bei der Bundespolizei Hubschrauber für Löschflüge bereit stünden.
Der Brand auf Mellum scheint sich selbst entzündet zu haben, möglicherweise durch eine Glasscherbe, die das Sonnenlicht gebündelt hat. Als Auslöser kommt auch Munition aus dem zweiten Weltkrieg in Frage - Mellum war Standort einer Flakanlage, aus dieser Zeit stammen die Deiche. Klären sollten das Brandermittler, erzählt Schumacher, aber die Ermittler seien seit Freitag nicht mehr aufgetaucht. Die Polizei Nordenham wollte dazu nicht Stellung nehmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen