piwik no script img

Klagen für VolksbegehrenVerfassungsrichter verstehen Senat nicht

Bei der Verhandlung signalisiert das Gericht grünes Licht für teure Volksbegehren.

Die Initiatoren des Volksbegehrens für eine bessere Kita-Betreuung konnten sich am Dienstag freuen: Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof zeichnete sich ab, dass das Gericht das Volksbegehren für zulässig hält. Der Senat hatte argumentiert, dass es 166 Millionen Euro kosten würde, die Forderungen umzusetzen. Das entspricht 0,83 Prozent der jährlichen Ausgaben - und damit würden die Bürger zu tief in die Budgethoheit des Parlaments eingreifen. Daher hatte der Senat eine landesweite Abstimmung zu diesem Thema nicht zugelassen. Dagegen klagen die Initiatoren des Volksbegehrens.

Der Senat kam mit seiner Argumentation vor Gericht nicht weit. "Das verstehe ich jetzt aber nicht so ganz", sagte eine Richterin an einer Stelle zum Vortrag des Senatsvertreters. Sie verwies darauf, dass das Abgeordnetenhaus die Verfassung extra geändert hatte. Zuvor waren alle Volksentscheide untersagt, die den Haushalt betreffen - jetzt sind es nur noch die Gesetze, die das Haushaltsgesetz ändern. Nach Ansicht des Senats hat diese Änderung aber keine Auswirkungen. Weiterhin seien alle Volksentscheide abzulehnen, die zu nicht unerheblichen Kosten führen. Die Richterin sah das anders: "Mir fällt es schwer nachzuvollziehen, dass sich nichts ändern sollte." Es sei die "naheliegendere Interpretation", dass das Abgeordnetenhaus mit seiner Verfassungsänderung den Spielraum für Volksentscheide ausweiten wollte.

Das Urteil soll am 6. Oktober veröffentlicht werden. Wenn das Gericht die Entscheidung des Senats kippt, muss die Initiative anschließend 170.000 Unterschriften innerhalb von vier Monaten sammeln. Danach fände dann der landesweite Volksentscheid statt. Die Initiative fordert unter anderem mehr Fachkräfte in Kitas sowie mehr Teilzeitplätze für Kinder ab drei Jahre.

Gleichzeitig verhandelte das Gericht ein zweites Volksbegehren. In diesem geht es um die Veröffentlichung der Verträge über die Privatisierung der Wasserbetriebe. Die Anwälte beider Seiten stritten sich darum, ob die Verträge - wie von der Initiative gefordert - für ungültig erklärt werden dürfen, falls sie nicht veröffentlicht werden. Eine Meinung des Gerichts war hier allerdings noch nicht erkennbar. Das Urteil soll auch in diesem Verfahren am 6. Oktober fallen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • S
    SKLAVE

    Die Arroganz dieser NULLEN von Parteibuch-Karrieristen kennt ja wirklich keine Grenzen mehr.

    "Das entspricht 0,83 Prozent der jährlichen Ausgaben - und damit würden die Bürger zu tief in die Budgethoheit des Parlaments eingreifen"!

    Zahlen darf er der ach so liebe Wähler und Steuerzahler!

    Verbraten jedoch ist nur den meist komplett inkompetenten Lobbyisten-Knechten sprich Politikern-Parlamentariern erlaubt.

    Zu DEUTSCH alle Machtlosigkeit geht vom Volke aus! Nun ja, selbst in den ersten antiken Demokratien war Sklavenhaltung ja auch völlig legitim (jedoch mit Auflagen, denen z.B. Grundsicherung und Hartz IV Regelsatz im 21. Jahrhundert nicht mehr Gerecht wird)!