Fußballer-Ernährung alarmiert DFB-Koch: "Weißmehl ruiniert Sportlerkörper"

Noch immer ernähren sich viele Fußball-Profis fatal falsch, findet DFB-Koch Stromberg: "Das Thema ist heikel, der deutsche Fußball verändert sich nur ungern."

"Er entscheidet mit seiner Ernährung darüber, ob er bis 35 auf diesem Niveau spielen kann": Lukas Podolski. Bild: dpa

BERLIN tazEs muss nicht mehr Pfefferminztee sein. Kaum ist Felix Magath von Wolfsburg nach Gelsenkirchen gewechselt, hat der Trainer die beruhigende Wirkung von Ingwer entdeckt. Mittlerweile nippt der Fußballlehrer so oft es geht an einer dampfenden Tasse mit den wertvollen Inhaltsstoffen der Knolle. "Ingwer ist ideal, um den Geist wach zu halten", erklärt Holger Stromberg. Der Küchenmeister aus dem Münsterland muss es wissen: Der 37-Jährige ist nicht nur Ernährungsexperte, sondern auch Koch der deutschen Nationalmannschaft. Der Asket Magath taugt für Stromberg als Vorbild - viele Spieler dagegen nicht.

"Besser wäre es, wenn Nationalspieler einen Ernährungsberater oder Koch bezahlen, als sich das dritte Auto in die Garage zu stellen", sagt Stromberg. Zwar sei die Verköstigung in den Trainingslagern mittlerweile optimiert, aber die Alltagsversorgung vieler Profis funktioniere oft noch nicht richtig. "Die Weißmehlbomben, die manch einer vor dem Training an der Tankstelle kauft, ruinieren den Sportlerkörper." Stromberg glaubt, dass bis zu 30 Prozent Leistungsreserven in der richtigen Ernährung schlummern, doch noch müssen in der Branche meterdicke Bretter gebohrt werden. "Das Thema ist heikel, der deutsche Fußball verändert sich nur ungern", hat der Sternekoch festgestellt. In der Nationalmannschaft würde er gern durchsetzen, die Spagetti wenige Stunden vor dem Spiel aus ernährungsphysiologischer Sicht durch Kartoffelpüree zu ersetzen, "wenn dann aber das Länderspiel verloren wird, bin ich schuld".

Der Sohn einer Waltroper Gastronomen-Familie wurde von Teammanager Oliver Bierhoff vor zwei Jahren im Begleittross der DFB-Elite installiert, weil es bei der Kicker-Kost einiges zu verbessern gibt. Da wirbt Michael Ballack für die Fastfoodkette McDonalds, da schmieren sich Stars mit dem Bundesadler auf der Brust in Fernsehspots gesund lächelnd Nutella aufs Weißbrot. Jugendspieler erhalten nach Siegen eine zuckersüße Limonade spendiert, Hobbykicker laben sich an der Kiste Bier in der Kabine, im Vereinsheim werden Pommes und Schnitzel serviert. Stromberg arbeitet dagegen an. Der Buchautor diskutiert und debattiert in DFB-Kreisen ständig mit Medizinern, Trainern, Spielern. Seine Thesen finden Gehör: "Torwart René Adler gibt mir mitunter am Buffet einen Teller und fordert mich auf, mir was Gesundes drauf zu tun." Mit angebotenen Kochkursen habe er sogar frühere Junkfood-Liebhaber überzeugen können.

"Wir haben vieles beim Essen verlernt", sagt Stromberg, "und wir lassen die Gewürze fast außen vor." Mehr Bitterstoffe, mehr Schärfe fordert er, natürlich weniger Fett, weniger Zucker, "am besten sind für den Fußballer 60 Prozent Kohlenhydrate, darunter viel Gemüse, 30 Prozent Eiweiß, nur zehn Prozent Fett". Und wie verträgt sich das mit den Chips, die Lukas Podolski in WM-Filmen, Werbedrehs und wohl auch daheim so gerne futtert? Eigentlich gar nicht. Deshalb steht Stromberg ja auch im ständigen Dialog mit dem Nationalstürmer. "Er kann das weitermachen. Aber ich erkläre ihm, dass er jetzt mit seiner Ernährung darüber entscheidet, ob er bis 30 oder bis 35 auf diesem Niveau Fußball spielen kann."

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