Zerreißprobe für die Saar-Grünen: Wahrscheinlich Rot-Rot-Grün

Die Grünen neigen zu Rot-Rot-Grün. Aber Parteichef Hubert Ulrich will erst einmal "mit allen über alles sprechen".

Hubert Ulrich (M), der Vorsitzende der Grünen im Saarland, will erst einmal mit allen sprechen. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz | Eine Koalition mit der CDU Peter Müllers und der FDP Christoph Hartmanns kann sich der Bioladenbetreiber Martin Dauber aus der Barockstadt Blieskastel "nur ganz schwer vorstellen". Denn Jamaika sei auf Landesebene "einfach nicht sexy genug", sagt ausgerechnet Dauber, der als Grüner und Mitglied des Stadtrates nach der Kommunalwahl im Juni einer der Architekten der schwarz-grünen Koalition in Blieskastel war. Doch für die Grünen sei diese Koalition auf der kommunalen Ebene nie eine Herzensangelegenheit gewesen. Man habe in Blieskastel lediglich eine große Koalition verhindern wollen.

Dauber ist also für Rot-Rot-Grün im Saarland - allerdings mit der Einschränkung, dass es dem Regierungschef in spe, den SPD-Politiker Heiko Maas, und dem grünen Parteivorsitzenden Hubert Ulrich noch vor der Vertragsunterzeichnung gelingen müsse, die Linke "von grobem Unfug abzuhalten".

Auch der grüne Bürgermeister von Saarbrücken, Kajo Breuer, machte noch in der Wahlnacht keinen Hehl daraus, dass sein Herz immer noch links schlägt. "Alles deutet auf eine Mehrheit links von der Mitte hin", konstatierte der früher mit dem Kommunistischen Bund Westdeutschland liierte Kommunalpolitiker. Im Saarbrücker Rathaus sind Sozialdemokarten, Linke und Grüne ohnehin gerade dabei, sich zu einer Koalition zusammenzufinden. Der Fraktion der Linken dort steht praktischerweise Landesparteichef Rolf Linsler vor, der auch die Landtagsfraktion führen soll.

Geht die Reise der Grünen an der Saar also in Richtung Rot-Rot-Grün und nicht nach Jamaika? Wahrscheinlich. Schließlich warb die Partei im Wahlkampf für den Regierungswechsel und für einen neuen Ministerpräsidenten Maas, wenn auch vor dem Hintergrund der offiziell ausgegebenen Parole von der völlig unrealistischen Ampelkoalition, die man anstrebe. Und auch auf den meisten Politikfeldern gibt es in den Programmen von Sozialdemokraten, Grünen und Linken große Übereinstimmung.

Allerdings verteilten die Grünen auch Postkarten, mit denen sie auf Oskar Lafontaines Kampagne gegen sie reagierten: "Grün wählen - Oskar ärgern!" stand darauf. Die "Lüge des Herrn Lafontaine", so Ulrich, wonach sich die Grünen mit Müller schon längst auf die Bildung einer Jamaika-Koalition verständigt hätten, ist auch an der Basis der Partei vielen sauer aufgestoßen.

Auf der Wahlparty wurde denn auch noch einmal ordentlich Dampf gegen "de Oskar" abgelassen. "Provokateur" wurde er geschimpft und ihm "Egomanie" attestiert. Doch deshalb jetzt Müller und die CDU stützen? In Feierlaune, weil einem ja die Königsmacherrolle zugefallen war, gaben in dieser Nacht nur wenige Grüne ein Bekenntnis zu Jamaika ab; und wenn, dann nur hinter vorgehaltener Hand.

Mit allen werde man jetzt über alles "ernsthaft verhandeln", kündigte Ulrich an. Und Generalsekretär Markus Tressel versicherte am Montag auf Nachfrage, dass es dabei "keine Prioritätenliste" geben würde und es "nur um unsere Inhalte geht". Die haben die Grünen in einem "Vertrag für die Zukunft des Saarlandes" am Sonntag vor der Wahl auf einem Parteitag festgeschrieben - von der Energiewende über den Schutz von Daten und Bürgerrechten bis hin zur Verkehrswende und mehr Bildungsgerechtigkeit. Hundert Prozent davon werde man in einer Koalition mit wem auch immer nicht durchsetzen können, räumte Ulrich ein. Aber teuer verkaufen werde man sich schon. Und es gibt Knackpunkte. Mit einer Partei, die den Steinkohlebergbau an der Saar fortsetzen wolle, könne es keine Koalition geben. Ebenso wenig könne es eine Koalition mit einer Partei geben, die an Studiengebühren festhalten wolle.

"Jetzt warten wir erst einmal auf die uns von Müller und Maas schon avisierten Einladungsschreiben zu Sondierungsgesprächen", merkte Generalsekretär Tressel an. Und dass am Abend der Landesvorstand tage. "Erwarten Sie davon aber bitte - nichts!" Über Regierungspersonal werde man dort "ganz sicher" auch noch nicht reden, so Tressel weiter. Dabei soll Müller (CDU) doch, wie am späten Nachmittag zu hören war, den Grünen für Jamaika gleich zwei Ministerposten angeboten haben. Ulrich will angeblich keinen davon haben, sondern lieber Fraktionschef bleiben. Und was bieten Maas und Lafontaine an?

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