Irakische Flüchtlinge in Dänemark: Nach Kirchenasyl folgt kalte Abschiebung
Trotz der prekären Sicherheitslage im Irak werden 22 Flüchtlinge in einer Nacht- und Nebelaktion ausser Landes geschafft. Auch die jüdische Gemeinde in Kopenhagen protestiert.
STOCKHOLM taz | In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat die dänische Polizei 22 der irakischen Flüchtlinge, die man vor zwei Wochen gewaltsam aus einem Kirchenasyl geholt hatte, am frühen Mittwochmorgen nach Bagdad abgeschoben. Um Protesten aus dem Weg zu gehen, waren die Anwälte der Asylsuchenden nicht unterrichtet worden, wurden Demonstranten über den Abflughafen in die Irre geführt und ein Bus mit 54 Mitgliedern der Aktion "Kirchenasyl" in siebenstündige "Vorbeugehaft" genommen.
Line Skov, eine der Businsassen, die über eine SMS alarmiert worden war und sich um Mitternacht an der Brorsons-Kirche in Kopenhagen einfand, sagte: "Plötzlich wurde der Bus von Polizeiwagen eingekreist und ein Beamter teilte uns mit, dass wir vorsorglich festgenommen seien." Während hunderte alarmierter Demonstranten am Flugplatz Roskilde bei Kopenhagen warteten, fand die Abschiebung tatsächlich vom 170 Kilometer entfernt liegenden Flughafen Odense statt.
"Unwürdig" sei so eine Aktion, kritisierte Marianne Jelved, Integrationssprecherin der liberalen Partei Radikale Venstre: "Das erinnert an Methoden in ganz anderen Regimen und hat nichts mit einer humanen Demokratie zu tun." Die Sicherheitslage im Irak sei eine ganz andere, als zum Zeitpunkt, zu dem die Asylanträge abgelehnt worden seien. Der August sei im Irak der blutigste Monat seit über einem Jahr gewesen.
Auch die jüdische Gemeinde Shir Hatzafon protestierte gegen die Abschiebung: "Wir Juden in Dänemark sind fast alle Kinder oder Enkel von Flüchtlingen", heißt es in einer Stellungnahme, "daher verstehen wir die Kälte und Hartherzigkeit nicht, wie hier von Dänemark Alte, Kranke und Kinder in eine Kriegssituation zurückgeschickt werden."
Leser*innenkommentare
Olli
Gast
Wieder einmal ein Bericht der etwas Sprachlosigkeit auf den ersten Blick hervorruft. Das ist ja auch das Ziel der Medien, andere Leute auf etwas aufmerksam zu machen. In der Praxis ist es jedoch so, dass die Regierung die geltenden Gesetze einhalten muss. Sicherlich ist eine Abschiebung für jeden einzelnen eine Tragödie die zu der schlechten Situation noch hinzukommt. Andererseits, da ich selber im Asylverfahren gearbeitet habe, gibt es sehr viele Menschen die nur aus wirtschaftlichen Interesse nach Europa kommen. Das sind über 95%, denn dijenigen die wirklich politisch aktiv sind, bleiben in den jeweiligen Herkunftsländer um dort etwas zu ändern. Hinzu kommt noch, dass die Menschen praktisch aus einer Gesellschaft kommen, die es in Europa vor vielen hunderten oder tausenden Jahren gab. Diese Unwissenheit wird dann von kriminellen Menschenhändler ausgenutzt, die den Leuten das gelbe vom Ei versprechen. Die Enttäuschung ist dann entsprechend groß, wenn die Abschiebung kommt. Viele haben durch die Ausreise hohe Schulden, die sie nicht abbezahlen können. Es sind sehr traurige Schicksale, aber Gesetze müssen eingehalten werden.
aso
Gast
Die Asylgesetzgebung wäre wertlos, wenn Abgelehnte trotzdem bleiben könnten.
Dann könnte man sich das Ganze sparen, und gleich sagen "Grenzen auf für Alle"...
Lars
Gast
Und wieder einmal werden Menschen in den fast sicheren Tod zurückgeschickt. Leute, die das verhindern wollen werden hierbei grundlos von bewaffneten Überfalltruppen gefangen gehalten bis die Aktion vorüber ist.
Ein trauriger Tag für die Menschheit, eing uter Tag für die Festung Europa.
Ich kann kaum ausdrücken, wie wütend mich das macht. Ich muß mich doch sehr zurückhalten, um diesen Kommentar nicht derart mit Kraftausdrücken zu untermauern, daß er nicht mehr an das Licht der Öffentlichkeit gerät.
Mr. Burns
Gast
"Um Protesten aus dem Weg zu gehen, waren die Anwälte der Asylsuchenden nicht unterrichtet worden, wurden DemonstrantInnen über den Abflughafen in die Irre geführt und ein Bus mit 54 Mitgliedern der Aktion "Kirchenasyl" in siebenstündige "Vorbeugehaft" genommen.
Na und! Genau so muss es gemacht werden. Daran sollte sich die deutsche Politik ein Beispiel nehmen. Es geht doch!
Marti
Gast
Wieso eigentlich nicht gleich "Bleiberecht für alle", das wäre doch gerechter, als nur diejenigen zu behalten, die am effektivsten die Werbetrommel für sich rühren können.