Kommentar Chinas Klimaziele: Nicht der Buhmann der Welt

Kein anderes Land hat in den letzten Jahren mehr für die Erneuerbaren getan - problematisch ist allerdings, dass auch Atomkraft als "sauber" angesehen wird.

Kaum ein anderes Land der Welt hat in den vergangenen Jahren so viel für die Entwicklung erneuerbarer Energie getan wie China. Zwei Drittel aller Solarthermie-Anlagen stehen heute auf chinesischen Dächern. Innerhalb eines Jahres, von 2007 bis 2008, hat sich die Kapazität der chinesischen Windparks von 6 auf mehr als 12 Gigawatt erhöht. Bis zum Jahr 2020 will die Regierung den Anteil an nichtfossilen Energiequellen auf 15 Prozent steigern. Dieses Ziel hat Staats- und Parteichef Hu Jintao in New York gerade bekräftigt.

Kein Zweifel: Die politische Führung der Volksrepublik ist sich der Gefahren bewusst, die Nichtstun zur Folge hätte. Die chinesischen Politiker fürchten dabei nicht nur, zum Buhmann der Welt abgestempelt zu werden, weil chinesische Städte und Fabriken die weltweit meisten Treibhausgase in die Luft pusten. Sie sehen vor allem, dass der Klimawandel China enorme Probleme bringt: Riesige Gebiete im Norden leiden unter Trockenheit. Wenn die Gletscher im Himalaja immer schneller schmelzen, werden sich Chinesen und Inder womöglich bald bitter um die Nutzung der Quellen und Zuflüsse vom Dach der Welt streiten. Und das ist nur einer von vielen absehbaren Konflikten.

An guten Vorsätzen mangelt es in der Pekinger Politik daher nicht. Bedenklich ist, dass als "saubere Energie" auch die Atomkraft bezeichnet wird - angesichts fehlender öffentlicher Kontrollen und Pressefreiheit wächst die Gefahr vertuschter Unfälle. Und auch in China kollidieren Energiespar- und Umweltschutzpläne in der Praxis mit wirtschaftlichen Interessen. Denn so mächtig und einsichtig die Zentralregierung auch nach außen hin auftreten mag: Innerhalb der Provinzen entscheiden am Ende in der Regel örtliche Funktionäre darüber, welche Kraftwerke gebaut werden.

Dass Präsident Hu sich unter diesen Umständen nicht dazu hinreißen lässt, verbindliche Einsparziele festzulegen, ist nur realistisch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.