Kirchenpräsident über Kirchenreform: "Es hat einen Aufbruch gegeben"

Die evangelische Kirche in Deutschland will kleine Landeskirchen zusammenlegen. Die Landeskirche Anhalt ist die kleinste - will aber eigenständig bleiben, sagte deren Präsident Joachim Liebig.

Landeskirchen fusionieren oder nicht? Bei der Reform geht es um mehr, sagt Liebig. Bild: dpa

taz: Herr Liebig, derzeit treffen sich in Kassel 1.200 evangelische Christen, um über eine Kirchenreform zu reden, die Sie direkt betrifft - denn würde sie durchgesetzt, müsste Ihre Landeskirche mit größeren Kirchen fusionieren und Ihr Posten fiele weg. Sind Sie sauer?

Joachim Liebig: Nein, solche Entscheidungen treffen die Synoden der souveränen Landeskirchen. Das Thema haben wir hinlänglich behandelt. Es steht weder bei der Evangelischen Kirche in Deutschland, EKD, noch bei uns oben auf der Tagesordnung.

Warum? Das "Impulspapier", das die Reform angestoßen hat, sah doch vor, dass man die Zahl der Landeskirchen von damals 23 auf etwa 12 halbiert.

Die evangelische Landeskirche Anhalts ist mit weniger als 50.000 Mitgliedern die

kleinste der 22 Gliedkirchen der evangelischen Kirche in Deutschland, EKD.

Vor drei Jahren schrieb der Rat der EKD ein "Impulspapier", um die EKD

zu reformieren - ein entscheidendes Anliegen des Ekd-Ratsvorsitzenden

Wolfgang Huber. Das Papier sah unter anderem vor, die Zahl der Landeskirchen fast zu halbieren, um Kosten zu sparen.

Seitdem wird über die Reform geredet und gestritten. Auf einem Kongress in Kassel treffen sich 1.200 evangelische Christen. Sie wollen Bilanz ziehen, wie die Reform bisher vorangegangen ist.

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Joachim Liebig ist Kirchenpräsident der evangelischen Landeskirche Anhalts.

Ja, das war eine Idee, die im Kirchenamt der EKD entstanden ist. Die anhaltische Synode hat darüber beraten und entschieden, selbständig zu bleiben. Das bleibt so und kann auch durch EKD-Impulspapiere natürlich nicht geändert werden.

Wenn alle Landeskirchen wie Ihre handeln würden, wäre doch ein wesentlicher Teil des "Impulspapieres" Makulatur.

Das ist eine etwas einseitige Sicht auf das Papier. Es enthält ja vier wesentliche Punkte: geistliche Profilierung, Schwerpunkte setzen, Beweglichkeit in den Formen und Außenorientierung statt Selbstgenügsamkeit. In unserer unmittelbarer Nachbarschaft hat es mit der Bildung der Kirche in Mitteldeutschland direkte Konsequenzen im Hinblick auf die Struktur gegeben, andere, etwa bei der Nordkirche, sind auf dem Weg. Aber es bleibt dabei: Sowohl große, als auch mittlere und kleinere Einheiten, zu denen wir zählen, haben ihre Berechtigung.

War es für Ihre Kirche mit nur 50.000 Mitgliedern schwierig, selbständig zu bleiben, obwohl die fusionierten Kirchen von Thüringen und der Kirchenprovinz Sachsen Sie umgeben?

Das war vor meinem Amtsantritt. Ich habe den Akten und Gesprächen entnommen, dass im Laufe der Verhandlungen deutlich wurde, dass dies für Anhalt der bessere und zukunftsweisende Weg sein würde.

Warum?

Weil diese Selbständigkeit bei überschaubaren Kosten höhere Entscheidungsmöglichkeiten in sich trägt für einen sehr traditionsreichen Raum - immerhin feiern wir bald 800 Jahre Anhalt.

Aber mit "Tradition" können natürlich fast alle Landeskirchen argumentieren.

Es ist auch kein echtes Argument. Es ist nur ein Gesichtspunkt, wenn so viel über Effizienz geredet wird. Solche Fragestellungen sind ja für die Kirche recht neu - und ob sie wirklich zukunftsweisend sind, wird sich erweisen.

Hat das Papier auch zu einem Aufbruch in Ihrer Kirche geführt oder ist diese Reform bei Ihnen schon wieder versickert?

Nein, es hat einen Aufbruch gegeben. Gerade durch unsere Selbständigkeit sind wir nicht nur befasst mit Strukturfragen. Wir können uns nun um unseren Kernauftrag kümmern. Und von Kassel erhoffe ich mir da wichtige Impulse.

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