Streit um Schläge beim Revierderby: Fehde und Folklore

Nach der Niederlage im Revierderby fühlen sich die Dortmunder ungerecht behandelt. Eine Privatfehde rückt in den Mittelpunkt der Nachbetrachtung.

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp zeigte sich mitgenommen. Bild: ap

Folklore mit Ellenbogen

DORTMUND taz Der Held des Tages schlich sich einfach davon, als die Emotionen auch eine halbe Stunde nach dem 0:1 von Borussia Dortmund gegen Schalke 04 munter weiterbrodelten. Es wurde debattiert, gestikuliert, Vorwürfe wurden erhoben und Dementis formuliert, Jefferson Farfan jedoch zog seine mit Pailletten besetzte Mütze noch ein wenig tiefer ins Gesicht, ignorierte all die aufgebrachten Menschen und verschwand mit einem scheuen Blick im Schalker Bus. Dabei hatte der Stürmer wieder einmal großartig gespielt, er hatte das Siegtor erzielt (31.). Borussia Dortmund setzte mit Lucas Barrios, Mohamed Zidan, Nelson Valdez und Dimitar Rangelov vier wirkungslose Stürmer ein, Schalke hatte Farfan. Woche für Woche ist er der beste Schalker Spieler, "Jef ist ein Ausnahmefußballer", sagte Kapitän Heiko Westermann.

Doch nach dem Schlusspfiff blieb wenig Raum für Männer, die nur während des Spiels aufgefallen waren. Der Epilog des Derbys drängte die intensive, aber spielerisch mittelmäßige Partie in den Hintergrund. Dortmunds Spieler wollten sich gar nicht mehr beruhigen, ihr Vorwurf: Manuel Neuer habe sich nach dem Schlusspfiff zu einer Tätlichkeit gegen Kevin Großkreutz hinreißen lassen. Der Schalker Torhüter hatte nach dem Schlusspfiff mit provokativer Geste vor den BVB-Fans gejubelt, "ich habe ihm gesagt, dass er das lassen soll, dann hat er extrem mit den Ellenbogen ausgeholt, auf meine Nase halt", berichtete Großkreutz. "Da war ich nicht dabei gewesen, das muss ein anderer Manuel Neuer gewesen sein", entgegnete der Beschuldigte.

Fernsehbilder von dem Vorfall waren nicht aufzutreiben, es stand Aussage gegen Aussage. Offenbar wird hier eine private Feindschaft zwischen dem gebürtigen Dortmunder Großkreutz und dem Ur-Schalker Neuer gepflegt. "Ich hasse Schalke wie die Pest!", hatte Großkreutz mitten im Sommerloch via Bild-Zeitung getönt. Neuers Replik: "Ich kenne ihn nicht, habe ihn noch nie in der Bundesliga gesehen." Da war Großkreutz gerade von Ahlen nach Dortmund gewechselt. Derby-Folklore.

Konfliktstoff lieferten auch die Schiedsrichter. Die hatten einige knifflige Situationen zu meistern, und entscheiden stets für Schalke. Bei einem Wembley-Tor von Lucas Barrios lagen sie noch richtig. Elfmeter hätte es geben müssen, als Vasileios Pliatsikas Großkreutz foulte (62.), und dem Treffer von Farfan ging ein Zweikampf mit Marcel Schmelzer voraus, den viele abgepfiffen hätten.

All diese kleinen Ungerechtigkeiten änderten aber nichts daran, dass der Sieg für die Gäste verdient war. Die junge Schalker Startelf hatte in Farfan und Neuer zwei Spieler, die herausragten, Dortmund fehlten solche Typen. Deshalb steht der BVB nun ganz unten in der Tabelle. Entsprechend mitgenommen wirkte Jürgen Klopp. "Die Jungs haben alles versucht, aber nicht immer die richtigen Mittel gewählt", sagte der Trainer nach einer biederen Leistung seiner Mannschaft. "Wenn sich jemand nicht aus der Spur werfen lassen wird, dann sind wir das", sagte Klopp, die große Überzeugungskraft, die seine Sätze so oft begleitet, fehlte dieser Aussage.

Das Dortmunder Erfolgsgeheimnis des Vorjahres wirkt nun in Gelsenkirchen. "Wir sind eine Einheit auf dem Platz, wir reden viel mehr miteinander, wir sind zusammengerückt", sagte Westermann. Bislang reicht das, um mit einer jungen Mannschaft voller Unbekannter weit oben mitzuspielen.

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