Vor Hypo-Real-Estate Verstaatlichung: Sieben Milliarden für Pleitebank

Laut HRE-Vorstand kann nur eine Verstaatlichung die Bank vor der Pleite retten. Vertreter der wütenden Aktionäre sprechen von unnötiger "kalter Enteignung".

Die 1.300 Kleinaktionäre fühlen sich um eine faire Abfindung betrogen und machten mit Transparenten und Buh-Rufen ihrer Wut Luft. : ap

MÜNCHEN ap | Unmittelbar vor der vollständigen Verstaatlichung der Hypo Real Estate hat Vorstandschef Axel Wieandt den Steuerzahlern eine Hiobsbotschaft verkündet. Wegen fauler Immobilienkredite und Wertpapiere brauche die Pfandbriefbank vom Bund bis 2011 noch weitere sieben Milliarden Euro. Die Hilfe werde wohl "nicht vollständig zurückgeführt werden", sondern teilweise durch Verluste aufgezehrt werden, sagte Wieandt am Montag auf der Hauptversammlung in München.

Trotzdem empörten sich viele der 1.300 anwesenden Kleinaktionäre über den "Rauswurf" und machten mit Buhrufen und Pfiffen ihrer Wut über den bevorstehenden Zwangsausschluss Luft. Der staatliche Rettungsfonds Soffin hält bereits 90 Prozent der HRE-Aktien und hat damit die notwendige Mehrheit, um die noch verbliebenen Aktionäre gegen Zahlung einer Abfindung von 1,30 Euro je Anteil auszuschließen. Die Entscheidung war bis Redaktionsschluss noch nicht gefallen; sie galt aber als sicher.

Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) warf dem Bund eine völlig unnötige "kalte Enteignung" vor. Der Bund brauche keine 100 Prozent, er betrüge die Aktionäre um eine faire Abfindung, und er verweigere ihnen ein Vorkaufsrecht bei einer späteren Privatisierung der HRE, sagte die Aktionärsschützerin und kündigte Klagen an.

Wieandt sagte, nur die vollständige Verstaatlichung könne die systemrelevante Pfandbriefbank vor der Pleite retten. Seit einem Jahr könne die HRE nur mit den Liquiditätshilfen des Bundes und eines Bankenkonsortiums "die Zahlungsunfähigkeit vermeiden", und das werde noch Jahre so bleiben. Zusätzlich zu den bereits gezahlten drei Milliarden Euro sei bis 2011 ein "weiterer Kapitalbedarf von sieben Milliarden Euro" notwendig. Allein bis September nächsten Jahres erwarte er eine "Kapitallücke von 4,2 Milliarden" Euro. Bis Ende 2011 seien allein für faule Immobilien- und Infrastrukturfinanzierungen 4,9 Milliarden Euro an Abschreibungen zu erwarten. Die Abfindung der Aktionäre sei angemessen, weil der Unternehmenswert ohne Staatshilfen weniger als null wäre.

Die meisten HRE-Aktionäre hatten schon im Frühjahr das freiwillige Übernahmeangebot des Soffin angenommen und 1,39 Euro je Aktie erhalten. Zu den verbliebenen Aktionären gehört der US-Investor Christopher Flowers. Er hatte im Sommer 2008 für eine Milliarde Euro ein Viertel der HRE-Anteile gekauft und würde jetzt noch rund 40 Millionen Euro bekommen.

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