Korruptionsprozess in Südafrika: Drogenbaron gegen Oberpolizist
Südafrikas ehemaliger Polizeichef Jackie Selebi steht wegen Korruption vor Gericht. 2007 war er vom Dienst suspendiert worden. Kronzeuge der Anklage: ein verurteilter Drogenhändler.
"Mister Agliotti, haben Sie gelogen?" Das Kreuzverhör wird unangenehm. "Haben Sie falsche Fakten an die Behörden geliefert, um ein Abkommen zum eigenen Vorteil herauszuschlagen?" Der grauhaarige Drogenbaron Glenn Agliotti sitzt im schwarzen Anzug auf der Zeugenbank und antwortet dem Verteidiger von Expolizeichef Jackie Selebi: "Nicht ganz wahr, aber teilweise."
Die Fragen des Mannes in der schwarzen Robe werden dringlicher, Agliotti nimmt seine Brille ab und wird defensiv: "Ich bin sicher, wir alle lügen von Zeit zu Zeit." Das war nicht die Frage, also ein neuer Versuch von Selebi-Anwalt Jaap Celliers, und jetzt bestätigt Agliotti: "Ich gebe zu, ich habe von Fall zu Fall gelogen, nicht immer, aber ja, zu meinem Nutzen."
Ohne Worte geht eine leicht triumphierende Bewegung durch das Verteidigerteam. Agliotti erklärt, er habe nie Schmiergelder an Selebi gezahlt, und der habe ihm auch nie einen Gefallen getan. Noch letzte Woche bei Beginn des spektakulären Gerichtsprozesses gegen den früheren Chef der südafrikanischen Polizei, der wegen Korruption und Betrug an der Justiz angeklagt ist, hatte Glenn Agliotti von Zahlungen an Selebi gesprochen.
Selebi war 2007 als Polizeichef Südafrikas suspendiert worden. Er legte Anfang 2008 auch sein Amt als Interpol-Präsident nieder, nachdem der Prozess gegen ihn angekündigt wurde. Selebi soll mindestens 1,2 Millionen Rand (umgerechnet etwa 110.000 Euro) von Agliotti erhalten und im Gegenzug bei Investigationen ein Auge zugedrückt haben. Auch teure Geschenke, Schuhe, Designerkleidung aus den exklusivsten Geschäften zahlte Agliotti, sein enger Freund, Drogenhändler und Geschäftsmann angeblich mit eigener Kreditkarte beim Einkaufsbummel mit Selebi. Agliotti wurde im Dezember 2007 zu zehn Jahren Gefängnis wegen Drogenhandels verurteilt, fünf Jahre davon auf Bewährung.
Die Freundschaft des Drogenbarons und des Expolizeibosses endet in dem holzgetäfelten Gerichtssaal in der Innenstadt von Johannesburg. Agliotti war zu Beginn der Verhandlung kooperativ und brach sogar in Tränen aus, weil er gegen einen echten Freund aussagte. Selebi wiederum hatte nur ironische Kommentare parat: "Im Kreuzverhör wird er noch eine ganze Box mit Taschentüchern verbrauchen!"
Aber Agliotti hatte ausgehandelt, dass er bei wahrheitsgemäßer Aussage nicht mehr wegen Geldwäsche, Korruption und Betrug verfolgt wird. Agliotti muss sich dann nächstes Jahr nur noch wegen Mordes am Bergbaumagnat Brett Kebble vor vier Jahren verantworten. Kebble war 2005 an einer Autobahnausfahrt in Johannesburg nachts erschossen in seinem Wagen aufgefunden worden. Eine Theorie lautete, dass der hochverschuldete Kebble Agliotti um seine eigene Ermordung bat, damit seine Familie die Lebensversicherungen erhält. Andere behaupten, Kebble sei einem illegalen Diamantengeschäft zum Opfer gefallen.
Agliotti bestätigte im Selebi-Prozess, dass er von Kebble 12 Millionen Rand (mehr als 1 Million Euro) erhielt, um ihm Zugang zu Selebi zu verschaffen. Kebble brauchte Hilfe, weil seine Firma überprüft wurde. Doch Agliotti behielt den größten Teil der Summe für sich. Die beiden sollen illegale Tabakgeschäfte mit Simbabwe getätigt haben.
Dass all dies jetzt wochenlang breitgetreten wird, ärgert Selebi. Am Ausgang vom Gerichtssaal reagiert der einstige oberste Polizist Südafrikas mit arroganten Kopfbewegungen auf Fragen der taz: "Was für Fragen? Wozu?" ruft er, und dann über die Schulter: "Der Prozess dauert noch an."
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