Schweinegrippe in Berlin: Grippe löst Anrufwelle aus

Dem ersten Todesfall folgt Ansturm auf Beratungsstellen. Tests bei Erkrankten bringen nichts, sagt ein Pandemieexperte. Er rät zur Impfung.

Pieks. Bild: dpa

Der erste Berliner Todesfall im Zusammenhang mit der Schweinegrippe hat einen Ansturm auf die Beratungsstellen ausgelöst. Die meisten Infotelefone der Bezirksämter waren am Donnerstag überlastet, Anrufer bekamen kaum eine freie Leitung.

Am Montag war ein 40-jähriger Mann gestorben, der im Kreuzberger Urban-Krankenhaus wegen eine Lungenentzündung behandelt worden war. Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass sich der Verstorbene mit dem Schweinegrippevirus infiziert hatte. Ob er daran starb, soll eine Obduktion klären.

"Der Patient hatte bereits fünf Tage vor seiner Einlieferung Grippesymptome", sagte Christian Träder, Pandemieexperte des Vivantes-Klinikkonzerns, zu dem auch das Urban-Krankenhaus gehört. Dort sei er ab Donnerstag vergangener Woche behandelt worden, wie alle anderen Grippepatienten auch. Abstriche für einen Test auf Schweinegrippe seien erst am Sonntag genommen worden. Normalerweise könne ein Ergebnis drei Stunden später vorliegen - doch am Wochenende arbeite das Labor nicht, erklärte Träder. Ein Versäumnis sei dennoch nicht zu erkennen, betont der Infektologe. Denn Schweinegrippe werde genau wie normale Grippe behandelt. Er zog daher den Sinn von Tests bei bereits Erkrankten in Zweifel. "Man weiß dann zwar, dass es Schweinegrippe ist, aber es bringt für die Behandlung gar nichts."

Den Höhepunkt der Grippewelle erwartet Träder für Dezember. Insgesamt werde es acht bis zwölf Wochen dauern, bis sich alles wieder normalisiert habe. Man müsse sich stets vor Augen halten, dass es sich eigentlich um eine normale Grippe handele - doch mit einem entscheidenden Unterschied: Der Mensch habe noch keine Antikörper, weil der Erreger neu ist, erklärte Träger. Deshalb werde es auch mehr Infizierte und mehr Tote geben als bei einer normalen Grippewelle. "Sonst stirbt im Durchschnitt jeder Sechzehnte, jetzt wohl jeder Fünfte."

"Eine Impfung würde ich auf jeden Fall empfehlen, zumindest für Risikopatienten", sagte der Experte. Dies müsse vor der Infizierung passieren. "Wenn man erst nach drei Tagen mit Symptomen eine Impfung will, bringt das auch nichts mehr."

Wo genau in Berlin geimpft wird, ist aber weiter unklar. Ab Montag werde eine Liste mit den Berliner Praxen veröffentlicht, die eine Impfung gegen das H1N1-Virus anböten, sagte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung. Derzeit hätten schon mehr als 100 Ärzte einen Impfvertrag mit der Senatsgesundheitsverwaltung. Weitere 200 Verträge seien in Vorbereitung. Die Sprecherin riet dazu, verstärkt auf Hygiene zu achten. Vor allem durch sehr gründliches Händewaschen könne die Gefahr einer Ansteckung verringert werden.

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