Streit um Vertriebenen-Chefin: Steinbach spaltet Schwarz-Gelb

Die Nominierung der Vertriebenen-Chefin Steinbach provoziert einen Koalitionskrach. Die Liberalen sehen die deutsch-polnischen Beziehungen gefährdet.

Ein rotes Tuch für die Gelben: Erika Steinbach. Bild: dpa

Am Dienstag wird das Präsidium des Bundes der Vertriebenen (BdV) seine Vorsitzende Erika Steinbach (CDU) für den letzten der drei Kuratoriumssitze benennen, die dem BdV in der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zustehen.

Die Stiftung ist eine Veranstaltung des Bundes. Sie soll der Erinnerung und Dokumentation des Vertriebenenschicksals im 20. Jahrhunderts und der Völkerverständigung dienen. Steinbachs Sitz war bei der Besetzung des Kuratoriums auf ihren Entscheid hin vakant geblieben. Die BdV-Präsidentin verstand diese Vakanz als zeitlich begrenzt. Der Streit über ihre Person und die massiven Vorbehalte gegen sie sollten die Gründung der Stiftung in diesem Jahr nicht hindern. Jetzt, nach dem Sieg von Schwarz-Gelb, will der BdV klare Verhältnisse schaffen.

Doch damit ist ein heftiger Streit innerhalb der Koalition vorprogrammiert. Denn der liberale Koalitionspartner hat sich - auch anlässlich eines Antrittsbesuchs des neuen Außenministers Guido Westerwelle (FDP) in Warschau - gegen die Mitgliedschaft Steinbachs im Stiftungsrat festgelegt. Als Begründung führte Westerwelle an, dass eine Mitgliedschaft Steinbachs eine schwere Belastung für den Stiftungszweck "Versöhnung" darstelle. Schließlich habe Steinbach gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als deutsche Staatsgrenze gestimmt und sich von dieser politischen Haltung, ihrer ständigen Versöhnungsrede zum Trotz, nicht eindeutig distanziert. Die FDP bekräftigte seitens ihrer Fraktionsvorsitzenden Birgit Homburger, dass an ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Bestellung Steinbachs "nicht zu rütteln sei".

Ähnlich intransingent verhält sich die CSU bei ihrer Pro-Steinbach-Position. Es sei Sache des BdV zu bestimmen, wer den Verband in der Stiftung vertreten solle. Erika Steinbach sei das Opfer unqualifizierter Angriffe seitens Polens und seitens der deutschen Sozialdemokraten geworden. Deren Part habe jetzt die FDP übernommen, die sich auf Kosten der Vertriebenen profilieren wolle. Die Position der CSU zugunsten Steinbachs, so der Landesgruppenchef der CSU Hans-Peter Friedrich, sei "nicht verhandelbar".

Das Reglement für den Stiftungsrat sieht vor, dass die ihn bildenden Gruppenvertreter von ihren Organisationen benannt und anschließend vom Bundeskabinett bestellt werden. Nach mehrfachen Nachfragen hat die Bundesregierung jetzt geklärt: Die Bestellung durch das Bundeskabinett muss "einvernehmlich" erfolgen. Das bedeutet, der FDP steht damit ein Vetorecht zu. Die Bundeskanzlerin gerät durch den drohenden Koalitionsstreit in eine missliche Lage. Einerseits hat sie in der Vergangenheit mehrfach die Initiative Erika Steinbachs für das umstrittene "Zentrum gegen Vertreibungen", das jetzt durch die Stiftung abgelöst werden soll, unterstützt. Andererseits hat sie gegenüber der polnischen Seite Zusicherungen über die Besetzung des Stiftungsrats gemacht, deren genauer Charakter unbekannt blieb. Polens Staatsminister Bartoszewski forderte, dass es in dem Stiftungsrat keinen Platz für "polonophobe oder germanophobe Personen" geben dürfe. Wird Steinbach bestellt, droht eine Verschlechterung des Verhältnisses zu Polen. Wird sie nicht bestellt, droht der CDU der Verlust konservativer Wählerstimmen.

Beim BdV überwiegen die Stimmen, im Falle von Steinbachs Ablehnung die zwei BdV-Stiftungsmitglieder zurückzuziehen. Man wolle der Stiftung nicht mehr als Feigenblatt dienen, sagte der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt.

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