Bessere Akustik: Die Staatsoper lässt's krachen

Die Oper erhält eine bessere Akustik. Dafür soll die Saaldecke um vier Meter gehoben werden, was Denkmalexperten schockt. Die schlechte Sicht im dritten Rang bleibt.

So soll die Oper nach der Sanierung aussehen. Bild: Udo Meinel, HG Merz, dpa

So richtig zufrieden sah Jörg Haspel, Berlins Landeskonservator, am Montag nicht aus. Sicher, es habe "große Fortschritte" gegeben, dem Denkmalschutz bei der geplanten Sanierung der Staatsoper Unter den Linden gerecht zu werden, sagte Haspel. Auch dass der Opernsaal im Kern erhalten bleibe, sei dem Stuttgarter Architekten HG Merz und der Berliner Bauverwaltung hoch anzurechnen. Dennoch bedeute die 239 Millionen Euro teure Sanierung der Staatsoper am Ende ein "Kompromiss". Welchen, ließ Haspel sibyllinisch offen.

In der Tat werden die Denkmalschützer beim geplanten Umbau der Staatsoper von 2010 bis 2013 mehrere Kröten schlucken müssen als vorgesehen. Um eine "wesentlich bessere Akustik" in dem 1.400 Plätze fassenden Zuschauersaal zu erzielen, soll die Decke um vier Meter angehoben und somit das Raumvolumen deutlich vergrößert werden, sagte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher am Montag bei der Vorstellung der Pläne. Mit der Vergrößerung des Raums von 6.500 auf 9.500 Kubikmeter "steigert sich die Nachhallzeit von jetzt 1,1 auf 1,6 Sekunden". Damit erreiche man die akustische Klangqualität bedeutender Opernhäuser, betonte Lüscher (siehe Kasten). Zudem werde der Orchestergraben erweitert.

Die großen internationalen Opernbühnen haben eine lange Nachhallzeit: Die Semperoper, die Mutter aller Opernhäuser, hat 1,6 Sekunden; die Scala 1,6 bis 1,8 Sekunden; die Met und die Osloer Oper sogar 1,7 bis 2,0 Sekunden Nachhallzeit. Die Staatsoper Unter den Linden kommt von ihren 1,1 Sekunden nur dank dem Einsatz von elektronischer Verstärkung auf 1,6 Sekunden. Durchschnitt also.

Erst ab 1,6 Sekunden Nachhallzeit ist die Klangqualität im Raum fast optimal. Das heißt, die Tonschwingung ist ausreichend lang, von guter Qualität und mit über 60 Dezibel überall gut hörbar. Mit der Vergrößerung des Raumvolumens - siehe Staatsoper - kann die Nachhallzeit im Saal gesteigert werden, Instrumente können deutlicher gehört und die Sänger besser verstanden werden.

Die neu zu bauende, sogenannte Nachhall-Galerie werde wie ein breiter Ring über dem dritten Rang und den Bühnenportal hochgezogen, erklärte die Senatsbaudirektorin. Zuschauerränge seien in der Nachhall-Galerie nicht vorgesehen. Darüber soll die bisherige Decke von Richard Paulick, der das Opernhaus nach Kriegszerstörungen in den 50er-Jahren im DDR-Barock wiedererrichtet hatte, erneut eingebaut werden.

Nach Ansicht Lüschers sei mit dieser Planung auch das Ziel erreicht worden, "möglichst viel von Paulick zu erhalten" und gleichzeitig "eine moderne Oper" zu schaffen. Neben dem Opernhaus sollen die Intendanz und das Magazin ebenfalls möglichst denkmalgetreu modernisiert werden. Allein 50 Millionen Euro fließen in die marode Technik der Staatsoper. Nicht optimiert werden konnte die mangelhafte Sicht im dritten Rang, räumte Lüscher ein.

Auch HG Merz verteidigte am Montag gegenüber den harten Verfechtern des Denkmalschutzes sein Sanierungskonzept. "Klar, die Oper wird in die Vertikale gestreckt", sagte er. Für die "Verbesserung der Akustik" im Saal - die von Staatskapelle-Chef Daniel Barenboim sowie der Senatskulturverwaltung gefordert wurde - sei dies "unabdingbar" gewesen. Das neobarocke Formenrepertoire Paulicks, die Kronleuchter, goldene Ornamentik, die Farbigkeit und der Kassettenschmuck blieben dagegen weitgehend erhalten, sagte der Stuttgarter Architekt.

Die modernen Einbauten werden noch für Diskussionsstoff sorgen, waren sich am Montag Architekturexperten, darunter Thomas Flierl oder Friedrich Dieckmann, einig. Im Mai 2008 war ein gekürter Opernentwurf des Architekten Klaus Roth gekippt worden. Dieser hatte einen modernen Saal vorgesehen, stieß aber - wegen mangelnden Denkmalschutzes - auf Ablehnung.

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