Kommentar Wunschkoalition: Sehnsucht nach der SPD

Verliert Schwarz-Gelb im Mai in Nordrhein-Westfalen, muss sich Merkel nach neuen Bündnispartnern umsehen.

Man fragt sich manchmal, ob das Spitzenpersonal der FDP noch Zeitung liest. Da beschließen die Gremien der Partei in einer sogenannten Krisensitzung, sich weiter ideologiefest einzumauern in ihrem Wunsch nach Steuersenkungen um jeden Preis. Gleichzeitig schweigt die FDP zu dem zeitgleich bekannt gewordenen Plan der CDU, völlig ideologiefrei mit der SPD über eine Verfassungsänderung zu reden, um auf diese Weise die Jobcenter zu retten. Man muss nicht lange raten, mit wem sich die Union schneller einigen wird: natürlich mit dem ehemaligen Bündnispartner SPD - nicht mit dem aktuellen Koalitionsfeind, der FDP.

Es ist einigermaßen kurios, dass sich die CDU ausgerechnet die undurchsichtige Materie der Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen als Projektionsfläche für ihre bündnispolitischen Sehnsüchte auserkoren hat. Die Weigerung der Bundestagsfraktion, in dieser Sache gemeinsam mit der SPD das Grundgesetz zu ändern, entsprang im Vorjahr dem Frust über die große Koalition. Die Bereitschaft, es nun doch zu versuchen, wird auch von der späten Einsicht gespeist, dass es Schlimmeres gibt als Gespräche mit der SPD. Das Schlimmere trägt den Namen Wunschkoalition.

Die Phase, die nun beginnt, ist ein verfassungspolitisches Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Was Angela Merkel in der Frage der Jobcenter einläutet, ist nichts Geringeres als das Regieren mit wechselnden Mehrheiten. Wenn die FDP im Mai wirklich aus der nordrhein-westfälischen Regierung ausscheidet, steht die Berliner Koalition so schnell wie keine ihrer Vorgängerinnen ohne eigene Bundesratsmehrheit da. Merkel kann dann bei der SPD in Mainz, Erfurt und Schwerin anklopfen - oder gemeinsam mit den Grünen in Düsseldorf, Hamburg und Saarbrücken eine Art informelles Jamaika-Bündnis bilden. Die FDP täte im eigenen Interesse gut daran, sich zumindest auf die zweite Variante schon mal einzustellen.

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