Strukturen sollen geprüft werden: Chöre und Orchester fürchten Auflösung

Rundfunkorchester und -chöre sind weiterhin ohne Aussicht auf eine sichere Zukunft. Niemand will die Zerschlagung der Ensembles, aber Finanzen und Strukturen sollen geprüft werden.

Der Rahmen "erheblicher finanzieller Risiken" soll untersucht werden. Bild: kashamara, photocase

Bis auf den letzten Platz war der große Sitzungssaal 311 des Berliner Abgeordnetenhauses gefüllt. Dicht an dicht drängten sich Musiker und Sänger auf den Zuhörerbänken. Doch nach der Runde des Kulturausschusses am Montag war ihnen gar nicht nach Jubel: Die Musiker der beiden großen Berliner Rundfunk-Orchester müssen weiter um ihre Zerschlagung fürchten. Finanzen, Struktur und Perspektiven der Rundfunk-Orchester samt den beiden Chören kommen auf den "Prüfstand", so das Fazit des Ausschusses.

Zwar zeigten Klaus Wowereit (SPD) in seiner Funktion als Regierender Bürgermeister und Kultursenator, sowie Deutschlandradio-Intendant Willi Steul und - bis auf die FDP - alle Ausschussmitglieder am Montag ihren Willen, das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) und das Deutsche Symphonie-Orchester (DSO) "erhalten zu wollen". Auch eine Fusion "dieser hervorragenden Ensembles" müsse verhindert werden.

Mehr als Lippenbekenntnisse stellen ihre Aussagen jedoch nicht dar. Denn Wowereit und Steul sehen weiterhin auch "erhebliche finanzielle Risiken" für die bestehenden Orchester, deren Rahmen darum untersucht werden müsse. Zudem soll geprüft werden, ob die vier Klangkörper weiter unter einem gemeinsamen Dach bleiben oder unterschiedlichen Anteilseignern zugeschlagen werden.

Das DSO und das RSB sowie der Rundfunkchor Berlin und der RIAS- Kammerchor gehören seit 1994 zur Rundfunkorchester und Chöre GmbH (ROC), unter deren Dach sie zusammengeschlossen sind. Träger der ROC sind Deutschlandradio (40 Prozent), Bund (35), Berlin (20) und RBB (5). Diese finanzieren die ROC und die 360 Musiker, Sänger, Dirigenten sowie die Intendanzen anteilig mit jährlich 27 Millionen Euro. Zuletzt hatte Kent Nagano das DSO dirigiert.

Für Furore und heftige Kritik hatte im Dezember 2009 der Vorschlag von Steul gesorgt, die beiden Orchester DSO und RSB zusammenzulegen. Steul begründete dies mit sinkenden Mitteln des Deutschlandradios in Höhe von 2,5 Millionen Euro jährlich bis 2012. Die Fusion diene der "Qualitätssicherung". Das Land Berlin und der Bund widersetzten sich zwar dem Steul-Vorhaben. Doch der Bund hat gerade seine Zuschüsse in Millionenhöhe "gesperrt".

Nach Angaben von Steul könne die Zukunft für die Orchester und Chöre nur gelingen, "wenn diese langfristig finanziell abgesichert sind". Darum sollte nun etwa geprüft werden, ob das RSB und der RIAS-Kammerchor von Deutschlandradio zukünftig getragen werden könnten. Der Bund könnte die Verantwortung für das Deutsche Symphonie-Orchester bekommen und Berlin würde den Rundfunkchor unter seine Fittiche nehmen. Diese Verteilung wäre ein Ausweg, so Steul.

Zudem forderten Steul und andere Gesellschafter eine Neubewertung der ROC. "Die Probleme der ROC GmbH sind seit Jahren Legion." Die Dachorganisation und die Orchester arbeiteten nicht optimal zusammen.

ROC-Chef Gernot Rehrl setzte sich dagegen zur Wehr. Er warnte vor der Zerschlagung der Rundfunkorchester und Chöre GmbH und der Orchester. "Letztendlich hat sich hier etwas geformt, was mehr ist als die Summe seiner Einzelteile." Auch Alice Ströver (Grüne) und die SPD-Kulturexpertin Brigitte Lange drückten ihre Sorge vor einer Zersplitterung der Ensembles aus. Was beim Publikum nicht unbedingt für mehr Hoffnung sorgte.

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