STADTENTWICKLUNG: Schöne neue Ansgari-City

Ein gestern beschlossenes Konzept soll sicher stellen, dass sich die City nach öffentlichen Vorstellungen entwickelt und nicht nach denen eines Investors

Viel Platz auf dem Hanseatenhof - zugestellt mit Billig-Buden Bild: kawe

Tote Gassen, verbaute Perspektiven, Kaufhäuser, die wie ein Klotz jegliches Flanieren verhindern: Die Fotos, die gestern der Senatsbaudirektor Franz-Josef Höing zu Beginn der gemeinsamen Sitzung von Bau- und Wirtschaftsdeputation zeigte, legten den Schluss nahe: Hier, das heißt, in der hinteren Innenstadt, neuerdings Ansgariviertel genannt, muss sich etwas tun. Mit einer von beiden Deputationen beschlossenen Leitlinie soll sicher gestellt werden, dass das Gebiet zwischen Kaufhof und der Bürgermeister-Smidt-Straße nicht wie in anderen Städten nach den Vorstellungen eines privaten Investors entwickelt wird, sondern nach öffentlichen Vorgaben.

So sollen Fußgänger durch zukünftige Shoppingcenter auf Wegen mit "öffentlichem Charakter" flanieren können. Außerdem soll Einkaufen in dem Gebiet nicht die einzige Aktivitätsform sein. Dazu zählen die Deputierten von SPD und Grünen - mit deren Mehrheit die Leitlinie beschlossen wurden - Gastronomie, Wellness und Kultur. Großer Wert wird darauf gelegt, dass sich auch Kinder dort amüsieren können. Als "soziale" Einrichtung gilt ein "Kinderindoorangebot". Auch Wohnungen und Büros sollen in Neubauten untergebracht werden.

Je nachdem, wie groß der Wurf wird - was davon abhängt, ob sich die Eigentümer bestehender Immobilien wie Kaufhof und C & A auf einen Abriss einlassen - rechnen die Behörden mit Kosten von 160 bis 300 Millionen Euro. Diese Summe, machte der Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler deutlich, könne Bremen nicht aufbringen. "Dafür brauchen wir private Investoren." Und die stehen ihm zufolge Schlange: Etwa 13 Projektentwickler hätten sich bereits gemeldet, die Hälfte davon gilt als vielversprechend.

Wie hoch der Anteil sein wird, den Bremen für Infrastrukturmaßnahmen wie Straßenbau beisteuern muss, konnte Heseler nicht sagen. Dies sei erst möglich, wenn konkret geplant würde. Einig waren sich gestern sowohl die Behördenvertreter als auch die Deputierten von SPD, Grünen, FDP und CDU darin, dass das Geld gut angelegt sein wird. Bremen, so die einhellige Meinung, müsse die Anziehungskraft der Innenstadt stärken, um einerseits Touristen und Kauflustigen mehr zu bieten als bisher und andererseits 60.000 Arbeitsplätze zu erhalten.

Dennoch enthielten sich FDP und CDU der Stimme. Die CDU, weil sie einen eigenen Beschlussantrag - der dasselbe enthielt wie der von Rot-Grün - für den besseren hielt. Magnus Buhlert von der FDP sagte, seine Fraktion gebe eine "geistige Unterstützung", könne aber ohne Finanzplan nicht zusagen. Außerdem sorgte er sich um Autofahrer, weil Parkhäuser teils oder ganz aufgegeben werden sollen.

Stimmig begründen konnte seine Ablehnung des Konzepts einzig Klaus-Rainer Rupp von "die Linke". Zum einen bezweifle er die Annahme, die den Planungen zugrunde liegt, dass mehr Verkaufsflächen mehr Käufer anziehen würden, so Rupp. Wenn dies aber stimme, so bedeute dies, dass andere Einkaufsgebiete im Umland, anderen Städten und Stadtteilen Kunschaft verlieren würden. Und: "Sie gehen davon aus, dass die Kaufkraft steigt - das halte ich für sehr optimistisch."

Unbeantwortet ist nach wie vor die Frage, wie das immer wieder formulierte Ziel, nicht nur die üblichen Handelsketten anzusiedeln, erreicht werden soll. In den Leitlinien heißt es lediglich: "Angestebt wird eine Mischung aus Einzelbetrieben, regionalen und bundesweiten auch international aktiven Anbietern und noch nicht vorhandene Filialisten mit ihren Flagship-Stores."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.