Treberhilfe Berlin: Hungerlohn für Dienstwagen

Gemeinnützige Unternehmen können sich nur teure Dienstwagen leisten, wenn sie die Beschäftigten ausbeuten, kritisiert Verdi. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält dagegen.

Ein Maserati macht 'ne Menge Ärger... Bild: DPA

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert schlechte Arbeitsbedingungen im sozialen Sektor. "Teure Dienstwagen können nur finanziert werden, wenn Beschäftigte zu Hungerlöhnen beschäftigt werden", so Meike Jäger, Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen bei Verdi. Die nicht vorhandene Tarifbindung und häufig sehr schlechten Arbeitsbedingungen seien "der eigentliche Skandal".

Verdi reagiert auf die Dienstwagen-Affäre in der Treberhilfe. Der Geschäftsführer Harald Ehlert war wegen eines Maserati und weiterer Luxuswagen der gemeinnützigen Organisation in die Kritik geraten. Die Treberhilfe setzt sich etwa für Jugendliche und Obdachlose ein, die Arbeit wird zu einem großen Teil aus Steuergeldern finanziert.

Verdi kritisiert, dass viele gemeinnützige Träger laut den veröffentlichten Bilanzen einen Gewinn ausweisen würden. Damit würden "unbegründet überzogene Rücklagen gebildet, Stiftungen gegründet oder Beraterhonorare gezahlt", heißt es in einer Mitteilung.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband, in dem viele gemeinnützige Organisationen zusammengeschlossen sind, wies diese Kritik zurück. Die Unternehmen müssten Gewinne machen und damit Rücklagen bilden, um so Investitionen zu finanzieren, sagte Verbandsgeschäftsführer Oswald Menninger.

Gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtungen wie die Treberhilfe sind weder staatlich noch rein privatwirtschaftlich, sondern ein Zwitterwesen. Eigentümer können Vereine sein, aber auch Unternehmen oder Einzelpersonen. Sie erhalten vom Bezirk einen festen Betrag für jede Person, die hilfebedürftig ist und von ihnen betreut wird.

Dabei gibt nicht nur einen staatlichen Anbieter - also etwa eine zentrale Obdachlosenbehörde, die die Heime nach gleichen Standards betreibt und die Obdachlosen zuweist - sondern freien Wettbewerb. Die Betroffenen können sich selbst aussuchen, zu welchem Anbieter sie gehen.

Die Bezirke kontrollieren, ob die Leistung auch tatsächlich in der gewünschten Qualität erbracht wird. Es wird allerdings nicht kontrolliert, wie das Geld im Detail verwendet wird. Gewinne sind erlaubt und auch die Regel. Wer besonders effizient arbeitet - oder die Arbeitnehmer ausbeutet - kann einen überdurchschnittlich hohen Gewinn erzielen. Das Geld darf allerdings nicht an die Eigentümer ausgeschüttet werden. Die Einrichtung muss den Gewinn entweder im folgenden Jahr wieder ausgeben oder ihn für eine größere Investition ansparen.

Gemeinnützige Unternehmen unterscheiden sich dadurch von rein privaten Unternehmen wie etwa privaten Schulen, Krankenhäusern oder Arztpraxen. Auch die erhalten vom Staat beziehungsweise aus den Sozialkassen feste Beträge pro Schüler oder Patient. Sie dürfen dabei unbegrenzt hohe Gewinne machen und die an die Eigentümer ausschütten.

Bei rein privaten Unternehmen wird auch nicht kontrolliert, wie teuer der Dienstwagen des Geschäftsführers ist. Bei gemeinnützigen Unternehmen müssen die Ausgaben hingegen "angemessen" sein. Dies wird vom Finanzamt in unregelmäßigen Abständen überprüft. Als Vergleich gilt dabei großzügigerweise die Privatwirtschaft. Bei einem Unternehmen wie der Treberhilfe mit mehr als 200 Mitarbeitern kann dabei in den Augen des Finanzamtes auch ein teurer Dienstwagen als angemessen gelten. In den Augen der Öffentlichkeit freilich ist so viel Luxus für den Chef einer Obdachlosenorganisation anstößig - und darüber ist Ehlert gestolpert.

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