Kommentar FDP: Dialektik des Klientelismus

Sollte die FDP tatsächlich geplant haben, dem Klientelismus zu frönen und mit einem neoliberalen Besen durch den deutschen Sozialstaat zu kehren, so hätte sie es völlig falsch angestellt.

Versetzen wir uns kurz in die Psyche eines sehr überzeugten FDP-Wählers. Vielleicht hätten wir gedacht, mit einem Fachminister der Partei werde es der Gesundheitsbranche bald sehr, sehr gut gehen. Womöglich hätten wir auch geglaubt, dem anstrengungslosen Wohlstand von Hartz-IV-Empfängern werde nun endlich ein Ende bereitet, durch eine drastische Kürzung der Regelsätze etwa oder durch einen Zwangseinsatz beim Schneeschippen.

In beiden Fällen wären wir jetzt ziemlich enttäuscht. Es ist zwar noch nicht ausgemacht, ob der Gesundheitsminister die deutschen Arzneimittelpreise tatsächlich so weit herunterholen kann, wie es eigentlich nötig wäre. Und es ist keineswegs so, dass die FDP mit ihrem Hartz-IV-Papier schon den Königsweg entdeckt hätte. Aber in beiden Fällen ist die Partei erkennbar bemüht, auf den Boden seriöser Sachpolitik zurückzufinden.

Sollte die FDP tatsächlich geplant haben, hemmungslos dem Klientelismus zu frönen und mit einem eisernen neoliberalen Besen durch den deutschen Sozialstaat zu kehren, so hätte sie es jedenfalls völlig falsch angestellt. Nach Hotel- und Dekadenzdebatte steht sie unter verschärfter Beobachtung. Die Diskussion um Günstlingswirtschaft auf Westerwelles Auslandsreisen schränkt ihre Möglichkeiten weiter ein, eindimensional für Wirtschaftsinteressen zu streiten.

Ganz allmählich scheint der Wirtschaft zu dämmern, dass es ihr niemals mehr so gut gehen wird wie unter Gerhard Schröder. Der SPD-Kanzler stand nach seinem Amtsantritt 1998 unter Zugzwang, Wirtschaftskompetenz zu beweisen - und handelte entsprechend. Die FDP wird, wenn sie klug ist, jetzt ihre Sozialkompetenz unter Beweis stellen müssen. Das ist die Dialektik des Klientelismus.

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