die wahrheit: Ackermanns Liebe zum verrückten Geld

Geld ist ein besonderer Stoff, so dass Karl Marx Geld- und Kreditpapiere einmal "die Mutter aller verrückten Formen" nannte.

Ein besonders inniges Verhältnis zum Geld haben einige Eidgenossen, was der Ostschweizer Josef Ackermann dem Publikum immer wieder beweist. Zuletzt durch seine fast selbstlose Beteiligung an der "Hilfe" für "die" Griechen. Seine "verrückte Form" der "Hilfe" kostet Ackermann nicht nur nichts, sie bringt ihm mehr Kohle in die Kasse, als er ausgibt für griechische Staatsanleihen, für die die deutsche Bundesbank sich verbürgt, während Ackermann die Zinsen von den griechischen Steuerzahlern kassiert. So dekliniert man "solidarische Hilfe" auf schweizerisch-finanzkapitalistisch. Null Risiko – ein todsicheres Geschäft.

Was das Verhältnis "der" Schweizer zum Geldschiebertum betrifft, ist das nur die halbe Wahrheit. Der Schweizer Dichter Charles Ferdinand Ramuz (1878-1947) lebte zeitlebens in Geldnot, aber nach seinem Tod schmückt sein Porträt die 200-Franken-Note. Wiedergutmachung auf schweizerisch. Solche sublime Rache ereilte auch den sehr konservativen Kapitalismuskritiker Jacob Burckhardt (1818-1897).

Die Geldherren verewigten ihn zur Strafe auf der 1.000-Franken-Note. Wenn der Trend anhält, finden sich dereinst Niklaus Meienberg, Jean Ziegler, Wilhelm Tell und Heidi gemeinsam im Profil auf den Schweizer Scheinen wieder wie früher Marx, Engels, Lenin und Stalin auf sowjetischen Devotionalien.

Ramuz machte die Geldnot auch zum literarischen Thema. Er beschrieb mit viel Sympathie Leben und Werk des wegen Geldschwierigkeiten aus dem Aostatal ins Wallis geflohenen Falschmünzers Joseph-Samuel Farinet (1845-1880). Dieser produzierte 40.000 falsche Münzen, denen das Volk in der Armeleutegegend Unterwallis mehr Vertrauen schenkte als dem neuen und ungewohnten Papiergeld der Schweizer Geldherren. Ein alpiner Robin Hood mit Charisma. Im Jahr 1880 wurde der populäre Falschmünzer erschossen aufgefunden. Die Tatumstände blieben eine Art Bankgeheimnis. Eine Verwicklung der Politik und der mit ihr verbandelten Bankenwelt ist wahrscheinlich, aber nicht bewiesen.

In Saillon bei Martigny im Unterwallis gibt es ein Farinet-Museum, das das Leben des Falschmünzers dokumentiert. Die Schweizerische Nationalbank, die die Großbank UBS vor dem Kollaps rettete, bewies auch angesichts des ermordeten Falschmünzers Großzügigkeit und Sympathie mit dem Geldbruder im Geiste. Die Nationalbank unterstützt das Museum und die Erinnerung an Farinet mit echtem Geld im Gegensatz zu Ackermann, der nur "verrückte" Papiere verschiebt, um "die" Griechen auszupressen.

Einzige Bedingung der Nationalbank für die Unterstützung: Das Falschmünzer-Museum muss auch zeigen, wie echtes Geld entsteht und aussieht. Dass die Besucher hauptsächlich wegen des legendären Falschmünzers und seiner Geschichte ins Museum kommen – und nicht wegen des ausgestellten echten Geldes –, stört den Sponsor mit Hang zur Selbstironie nicht.

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