Kommentar Gnadengesuch von Hogefeld: Verpasster Schlussstrich

Köhler hat das Gnadengesuch der letzten RAF-Inhaftierten abgelehnt. Damit gab er dem medialen Druck nach. Öffentliche Erregung darf aber kein Entscheidungskriterium sein.

Bundespräsident Horst Köhler hat eine historische Chance verpasst. Mit der Begnadigung von Birgit Hogefeld, der letzten Inhaftierten aus den Reihen der "Roten Armee Fraktion", hätte er als der Mann in die Geschichtsbücher eingehen können, der den endgültigen Schlussstrich unter das traumatische Kapitel des deutschen Terrorismus gezogen hat. Und er hätte es billig haben können, schließlich befindet sich Hogefeld seit geraumer Zeit im offenen Vollzug, ihre Haftentlassung steht im Juni des kommenden Jahres ohnehin an. Eine Gefahr geht von Birgit Hogefeld schon lange nicht mehr aus.

Zur Erinnerung: Es liegt nunmehr zwölf Jahre zurück, dass sich die RAF offiziell aufgelöst und ihren bewaffneten Kampf für gescheitert erklärt hat. In ihrem Prozess vor dem Frankfurter Oberlandesgericht hat sich Hogefeld ausdrücklich zu diesem Scheitern bekannt. Seit Herbst 2007 liegt ihr Gnadengesuch beim Bundespräsidialamt zur Entscheidung. Im Schatten der heftig umstrittenen Haftentlassung des früheren RAF-Mitgliedes Christian Klar (er wurde nicht begnadigt) hatte Köhler die Causa Hogefeld erst einmal vertagt und eine erneute Prüfung zu gegebener Zeit zugesagt. Dass diese nun negativ ausfällt, ist weniger der Person Hogefeld, sondern vielmehr dem medialen Druck geschuldet, der das Thema RAF begleitet. Hogefeld wird der "dritten Generation" der RAF zugerechnet, und deren Anschläge und Morde sind bis heute im Kern nicht aufgeklärt. Welches Echo eine Begnadigung ausgelöst hätte, lässt die Debatte um die Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback erahnen.

Über ein Gnadengesuch entscheidet aber nicht die öffentliche Erregung, die dem Votum folgen könnte. Aber auch das weiß Horst Köhler.

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