Scheinehe-Verfahren: Der Tag der Problem-Zeugen

Durcheinander im Prozess um Bülent Ciftlik: Eine Zeugin steht selbst unter Verdacht eine Scheinehe vermittelt zu haben, eine andere hat Erinnerungslücken.

Chaos um Ciftlik: Widersprüchliche Aussagen der Zeugen sorgen für Verwirrung. Bild: dpa

Die eine Zeugin schweigt, weil gegen sie ermittelt wird, die andere kann sich kaum an Details erinnern und hat ihre Aussage mit dem Angeklagten abgestimmt. Im Scheinehe-Verfahren um den SPD-Politiker Bülent Ciftlik kam es im Amtsgericht St. Georg am Montag zum Aufmarsch der Problem-Zeuginnen.

Nuran A., die vergangenen Montag in einer Vernehmungspause zusammengebrochen war, verweigerte auf Rat ihres Anwaltes jede Aussage. Der Grund: Gegen sie wird seit wenigen Tagen ermittelt, weil sie unter dem Verdacht steht, eine Scheinehe angestiftet zu haben. Am 14. April dieses Jahres hatte ihre ehemalige Arbeitskollegin Jennifer von O. Selbstanzeige erstattet. Die Frau hatte behauptet, einen Mitarbeiter des in St. Georg angeklagten Kenan D. Anfang 2009 nur geheiratet zu haben, um ihm einen Aufenthaltstitel zu besorgen. Nuran A. soll nach ihrer Aussage die Scheinehe vermittelt und ihr 8.000 Euro für die Gefälligkeitsheirat in Aussicht gestellt haben.

Damit sind Nuran A.s bisherigen Aussagen, die Bülent Ciftliks Prozessausführungen bestätigt und dem Geständnis der geständigen Angeklagten Nicole D. widersprochen hatten, nahezu wertlos. Johann Schwenn, der Verteidiger von Nicole D., bewertete diese Demontage der "vermeintlichen Superzeugin" als "für die Angeklagten Bülent Ciftlik und Kenan D. fatal".

Als weitere Zeugin wurde die Fotografin Sybille von B. vernommen. Die 41-Jährige schilderte, wie Nicole D. ihr bei gemeinsamen Wahlkampfaktivitäten für Ciftlik erzählt habe, dieser habe ihr von der Eheschließung abgeraten, da ihr zukünftiger Ehemann - der damals noch Kenan T. hieß - bereits einmal eine Scheinehe eingegangen sei.

Später habe sie mit Ciftlik zusammen den Vorfall zu Papier gebracht. Für Schwenn stellt die so schriftlich fixierte Aussage, eine "Gemeinschaftsleistung" zwischen der Zeugin und dem Angeklagten dar, "bei der nicht mehr zu erkennen sei, wer welchen Anteil zu dieser Darstellung beigesteuert" habe. Staatsanwalt Elsner zweifelte zudem die Glaubwürdigkeit der Zeugin aufgrund ihrer "sehr pauschalen Aussagen" über das Treffen mit Bülent Ciftlik an.

Auch der Auftritt des Anwalts und SPD-Bürgerschaftlers Metin Hakverdi ließ das Pendel am Montag nicht nur in eine Richtung ausschlagen. Hakverdi, der Kenan T. und Nicole D. zur Vorbereitung eines Ehevertrags im Februar 2008 empfangen, dann aber an einen Kollegen weitervermittelt hatte, widersprach sowohl Nicole D.s als auch Ciftliks Angaben.

"Nach meiner Erinnerung war Herr Ciftlik bei dem Termin nicht anwesend", wies er Nicole D.s gegenteilige Darstellung zurück, bekräftigte aber, er habe vor der Zusammenkunft eine Mail von Ciftlik erhalten. In dieser hatte Ciftlik Teile aus einer Mail von Nicole D. kopiert, von der er bislang behauptet hatte, sie "gar nicht zur Kenntnis genommen" zu haben. In der Mail schreibt die Angeklagte von einem nur "vorgegebenen Zusammenleben" mit Kenan T. und stellt die Frage nach den rechtlichen "Konsequenzen einer Scheinehe". Ciftlik behauptete nun, er habe das Schreiben im Wahlkampfstress nicht konzentriert gelesen, die Fragen ohne genaue Kenntnisnahme einfach an Hakverdi weitergeleitet.

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