Kolumne Afrika Afrika: Warum Nigerianer zittern

Nigeria sieht sich selbst als Führer Afrikas, weshalb Land und Mannschaft stark unter Druck stehen, erfolgreich zu sein. Nur warten viele Fans noch auf Visa für Südafrika.

Das afrikanische Fandorf von Johannesburg liegt in Zoo Lake, und es ist kalt. In Zelten und traditionellen Hütten mit Strohdächern werden afrikanische Andenken und Lebensmittel verkauft, in manchen Bars stehen Fernseher, auf denen WM-Spiele laufen. Es gibt eine Kirche und eine Moschee, die Flaggen Ghanas und Kameruns sind zu sehen. Aus gigantischen Lautsprechern dröhnt laute Musik, um Stimmung zu erzeugen.

Im "Nigeria Village" haben sich viele in Südafrika lebende Nigerianer versammelt. Sie reden über das kalte Wetter, die Heimat und den prekären Stand der nigerianischen Super Eagles, die ihr Auftaktspiel gegen Argentinien verloren, in Gruppe B jetzt auf Platz drei stehen undam Donnerstag unbedingt gegen Griechenland gewinnen müssen.

"Ein Unentschieden ist ausgeschlossen", analysiert Olalekan Olaikan, Nigerianer und Lehrer in der Ostkap-Provinz. "Ich denke, unser Trainer Lagerbeck wird die richtige Aufstellung machen." Im Auftaktspiel saßen die Stürmer Osaze Odemwingie und Obafemi Martins anfangs auf der Bank. Als sie nach ihrer Einwechslung das nigerianische Spiel verbesserten, war es schon zu spät. Man müsse gegen die Griechen von Anfang an aggressiv spielen, findet Olaikan.

Wole Sogunle ist Südafrika-Korrespondent der nigerianischen Nachrichtenagentur NAN.

Auf mehr Anstrengung setzt auch der offizielle "Nigerian Supporters Club". Mehr Trommler, mehr Trompeter fahren ins entlegene Bloemfontein, um das nigerianische Team auf Sieg einzustimmen, sagt Clubpräsident Rafiu Ladipo. "Wir werden in voller Stärke präsent sein", fügt er hinzu. "Und ich versichere Ihnen, dass wir es schaffen." Und die Musiker von Zoo Lake wollen sich auch ins Zeug legen.

Es gibt ein Problem dabei: Viele Fans aus Nigeria selbst warten immer noch auf Visa nach Südafrika. Sie laufen Gefahr, zu spät zu kommen. Also müssen die südafrikanischen Nigerianer verstärkt mobilisiert werden, um die Ausfälle aus der Heimat wettzumachen. Darauf setzt auch der nigerianische Botschafter in Südafrika, der pensionierte Brigadegeneral Buba Marwa. Der Veteran früherer nigerianischer Militärdiktaturen ist Optimist: Nigerianische Fußballteams, meint er, holen in Turnieren immer auf und schaffen es bei der letzten Gelegenheit. So war das bei der WM-Qualifikation, und so werde es auch in Südafrika kommen.

Für das offizielle Nigeria ist nicht Südafrika, sondern Nigeria der natürliche Führer Afrikas, WM hin oder her. So sieht sich Nigeria besonders unter Druck, wenn es darum geht, die erste WM auf afrikanischem Boden zu einem Erfolg für Afrika zu machen. Dem Trainer Lagerbeck wurde vor dem Turnier als Aufgabe aufgetragen, mindestens das Halbfinale zu erreichen.

Fußball eint diese Nation von über 150 Millionen Menschen. Aber ob sie im Falle einer Niederlage gegen Griechenland auch noch geeint bleiben, ist nicht klar. Nigerias Fußballfans haben meistens wenig Geduld mit Verlierern. Doch war die nigerianische Öffentlichkeit auch nach der Niederlage gegen Argentinien des Lobes voll. Und Staatschef Goodluck Jonathan hat schon vorsichtshalber den richtigen Ton für alle Fälle gesetzt: Patriotismus, so erklärte er, gilt nicht bloß dann, wenn alles gut geht - sondern jederzeit.

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