Australiens neue Regierungschefin: Linke Putschistin
Australiens neue Regierungschefin ist bekannt für ihr soziales Denken, und den Einsatz für Benachteiligte. Dennoch räumte sie Kevin Rudd eiskalt ab, als seine Umfragewerte fielen.
CANBERRA taz | Das blasse Gesicht und fragile Äußere täuschen: Julia Gillard ist eine mit allen Wassern gewaschene Politikerin, die mit ihrer scharfen Zunge selbst die eloquentesten Gegner alt aussehen lässt.
Ihre Geschichte ist Zeugnis eines frühen Kampfes. 1961 in Wales geboren, litt sie als kleines Kind an einer chronischen Lungenkrankheit. Auf Rat der Ärzte zogen ihre Eltern in ein wärmeres Klima. Im südaustralischen Adelaide entwickelte sich Gillard dann gut.
Ihre Eltern vermittelten ihr soziales Denken und das Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Gillard studierte Recht und Kunst, wurde Vorsitzende des Studentenverbandes und war aktiv in der linken Organisation Sozialistisches Forum. Sie kämpfte für eine Steuer für besonders Wohlhabende und für eine Städtepartnerschaft zwischen Melbourne und dem sowjetischen Leningrad.
Statt wie geplant Lehrerin zu werden, folgte sie dem Rat einer Bekannten, die meinte, sie sei "gut im Argumentieren und Debattieren", und wurde Anwältin für Arbeitsrecht. Der Schritt in die Politik geschah als Stabschefin des damaligen Oppositionsführers im Bundesstaat Victoria, John Brumby.
Gillard setzte sich für die Gleichberechtigung von Frauen bei der Kandidatenauswahl der Laborpartei ein und gesellte sich gleich dazu: 1998 wurde sie Abgeordnete in Canberra. Als Schattenministerin für Gesundheit lernte sie Tony Abbott kennen, den heutigen konservativen Oppositionsführer und damit ihren direkten Gegenspieler. Die verbalen Schlachten, die sich die beiden lieferten, sind heute Geschichte. Meist siegte Gillard.
Als Labor 2007 unter Kevin Rudd dem konservativen John Howard das Regierungszepter entriss, kam Gillards Talent als harte politische Spielerin auch im Ministeramt bald zum Einsatz. Knallhart demontierte sie die unfairen Arbeitsgesetze, die der neokonservative Ideologe Howard eingeführt hatte.
Den Fehler, Gillard unterschätzt zu haben, machte offenbar auch Rudd, den sie jetzt überraschend noch vor dem Ende seiner ersten Amtszeit als Premierministerin ablöste.
Leser*innenkommentare
runzbart
Gast
wie siegt man denn in einer debatte? gibt es da ausgebildete kampfrichter?
man neigt zwar gerne dazu andere argumentativ "fertig machen" zu wollen, wenn die andere meinung vollkommen konträr zur eigenen ist, aber sollte eine debatte nicht eigentlich dazu da sein, seine gedanken gegenseitig zu befruchten? nochmal, wie kann man bei so etwas gewinnen?
HP Remmler
Gast
@Joachim Bouvier
Ich kannte Frau Gillard bisher nicht, was daran liegen könnte, dass ich noch nie in Australien war und mein Interesse am politischen Australien entsprechend entwicklungsfähig ist.
Was der Vergleich mit Sarah Palin soll, kann ich dementsprechend nicht wirklich beurteilen. Da ich allerdings schon einige Male in den USA war - u. a. während des Präsidentschaftswahlkampfs 2008 - und dort u. a. gehört habe, wie Sarah Palin, diese, Zitat J.B.: "erfrischend zupackende Frau im Weißen Haus" (?) allen Ernstes sagte, der Irakkrieg sei "Teil von Gottes Plan", vermute ich ungefähr einschätzen zu können, mit wem wir es da nach Obama zu tun bekommen werden und mit was für - wieder laut Bouvier - "positiven Überraschungen" wir dann rechnen dürfen. So gesehen finde ich meine "geordnete ideologische Schubladenwelt der linken Intellektuellen" doch weitaus angenehmer als die mittelfristig leider tatsächlich drohende Regentschaft einer steindummen religiös-fundamentalistischen Krawallschachtel (sie hat sich im Wahlkampf selbst als "Pitbull mit Lippenstift" bezeichnet) im Weißen Haus.
Anna
Gast
Linke Putschistin? Ist die neue Regierungschefin mit einem Putsch an die Macht gekommen, habe ich sonst gar nichts drüber gehört oder wurde Sie doch ganz normal gewählt? Eigenartiger Artikel! Weiß die TAZ nicht, was ein Putsch ist? Soll jetzt der Begriff Putsch verwässert werden, damit wirkliche mörderische Putschisten wie in Honduras gesellschaftsfähig werden? Die TAZ wird immer schizophrener: so tun als sei sie links aber unterschwellig das bestehende machthabende System stützen. Das geht mit einzelnen falsch verwendeten Begriffen wie "dennoch", "Putsch" usw., sehr gut. Unverzeichlich und sicherlich nicht unbeabsichtigt, das kann ich nicht glauben.
Icke
Gast
Und wieder ein Formulierungsfettnäpfchen.^^
Martin
Gast
@Christian / Redaktion
"Sie hat Rudd einfach abserviert."
Dürfen/sollen wir Leser das nun so verstehen, dass Rudd sozial benachteiligt ist und ihr Verhalten deshalb dem eigenen Ehrenkodex zuwiderläuft?
Michael Bolz
Gast
"Australiens neue Regierungschefin entwickelte schon früh ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Unterschätzen darf man die eloquente Rednerin dennoch nicht."
Wem der Hinweis in Verbindung mit dem Unter-Titel und dem Schlussabsatz nicht klar wird, sollte sich auch nicht mokieren und Schreibverbote aussprechen.
Lesen lernen und verstehen.
reblek
Gast
"Australiens neue Regierungschefin entwickelte schon früh ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Unterschätzen darf man die eloquente Rednerin dennoch nicht."
Wenn der Autor schon nicht erklärt, warum er meint, eine Frau, die "ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter", "dennoch" nicht unterschätzt werden darf, sollte die Redaktion das tun. Kann sie aber nicht, weil der konstruierte Gegensatz Unfug ist.
Nigredo
Gast
"Australiens neue Regierungschefin entwickelte schon früh ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Unterschätzen
darf man die eloquente Rednerin dennoch nicht."
Ich verstehe ja, dass, wenn man die taz liest, oder gar an ihr mitarbeitet, sich schnell der Eindruck aufdrängt, dass links und eloquent einfach nicht zusammenpassen, dennoch finde ich diese Verknüpfung einfach schwachsinnig.
Warum sollte man jemanden unterschätzen, WEIL er/sie links ist?! Vielmehr gilt das Gegenteil; am Beispiel der taz: Die ist zwar links, trotzdem sollte man nicht zu sehr hoffen, hier Qualität zu finden - man würde doch nur enttäuscht...
end.the.occupation
Gast
Auf welchen dümmlich reaktionärem Niveau die taz angelangt ist, zeigt - wie üblich - der Eingangstext. Man beachte die Positionierung des Wörtchens "dennoch":
>> Australiens neue Regierungschefin entwickelte schon früh ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Unterschätzen darf man die eloquente Rednerin dennoch nicht.
Übersetzung für die masslos überschätzten Redakteure dieser ehemals links-alternativen Bäckerblume:
Wer sich für 'Bedürfnisse Benachteiligter' interessiert, der ist nicht für voll zu nehmen.
Na denn, meinen herzlichen Glückwunsch.
Joachim Bovier
Gast
Mehr als seltsam, wenn man diesen Artikel voll Lobeshymnen über die neue australische Labour-Premierministzerin Frau Gillard liest und dem denjenigen von gestern an gleicher Stelle über die republikanische US Präsidentschaftsanwärtin Sarah Palin gegenüberstellt.
Könnte es sein, dass hier zwei Frauen ähnlichen Typs und Stils, so völlig unterschiedlich beurteilt werden, nur weil die eine "links" und die andere "rechts" ist? Mit zweierlei Mass sollte man nun doch nicht messen.
Wer Frau Gillard gut findet, sollte sich hüten Frau Palin niederzumachen - er könnte möglicherweise von dieser erfrischend zupackenden Frau im Weissen Haus positiv überrascht werden - und schön wäre sie hin, die geordnete ideologische Schubladenwelt der linken Intellektuellen.
end.the.occupation
Gast
Auf welchen dümmlich reaktionärem Niveau die taz angelangt ist, zeigt - wie üblich - der Eingangstext
Man beachte die Positionierung des Wörtchens "dennoch":
>> Australiens neue Regierungschefin entwickelte schon früh ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Unterschätzen darf man die eloquente Rednerin dennoch nicht.
Übersetzung für die masslos überschätzten Redakteure dieser ehemals links-alternative Bäckerblume:
Wer sich für 'Bedürfnisse Benachteiligter' interessiert, der ist nicht für voll zu nehmen.
Herzlichen Glückwunsch.
Christian
Gast
Der Untertitel der TAZ: "Australiens neue Regierungschefin entwickelte schon früh ein Bewusstsein für die Bedürfnisse Benachteiligter. Unterschätzen darf man die eloquente Rednerin dennoch nicht." Was bedeutet das "dennoch"? Wieso sollte man auf die Idee kommen, jemanden zu unterschätzen, weil sie sich für die Bedürfnisse Benachteiligter einsetzt. Oh je, liebe TAZ, was ist bloß aus Dir geworden?
***Anmerkung der Redaktion: Sie hat Rudd einfach abserviert. Daher rührte das "dennoch" - halt im Gegensatz der sozialen Ader, die ihr nachgesagt wird. Es stimmt, das war so etwas unglücklich formuliert. Haben es geändert.