Keine Realnamen bei "World of Warcraft": "Killrock, der Troll" darf Troll bleiben

Im Streit um das Forum des Rollenspiel-Riesen Blizzard haben sich die Nutzer durchgesetzt - ein heiß debattierter Realnamen-Zwang wird zumindest teilweise wieder aufgehoben.

Stefan, Tatjana und Alexa haben in Wirklichkeit natürlich viel phantasievollere Namen. Bild: dpa

Wer sich in den populären Multiplayer-Games des Rollenspielriesen Blizzard tummelt, tut dies üblicherweise unter einem Pseudonym. Aus "Hans Müller" wird dann beispielsweise "Killrock, der Troll", aus "Sabine Maier" "Celesdax, die Fee". So war es seit den Anfangstagen der Internet-Spiele-Revolution und so soll es, finden zumindest die meisten Nutzer, auch bleiben. Gerade ist Blizzard nämlich mit seinem Ansinnen, die Anonymität in seinen Spielewelten teilweise aufzuheben, grandios gescheitert.

Und das kam so: Um die "Qualität der Diskussionen zu verbessern", wie es von dem Anbieter hieß, sollte im "World of Warcraft"-Forum auf der Blizzard-Community-Seite Battle.net künftig mit Klarnamen debattiert werden. Die so genannte "Real ID"-Funktion sei "eine neue Methode, mit Freunden in Verbindung" zu bleiben. Firmenmitarbeiter "Bashiok", selbst erstaunlicherweise zunächst noch anonym, machte die Änderung bekannt.

Was dann folgte, war die wohl heißeste Debatte, die es bei Battle.net je gab: Auf fast 2.500 Forenseiten und in 50.000 Kommentaren nahmen die Nutzer das Vorhaben Blizzards auseinander. Der allgemeine Tenor reichte von "Das ist eine bescheuerte Idee" bis hin zu "Die wollen mit uns nur mehr Geld verdienen". Eine wirkliche Begründung gab Blizzard nämlich nicht ab - und so gab es diverse Spekulationen, was hinter "Real ID" steckte. Die wohl wahrscheinlichste Erklärung: Battle.net soll künftig verstärkt mit dem größten sozialen Netzwerk der Welt, Facebook, verknüpft werden, das selbst nur Klarnamen duldet.

Die Forenmitglieder untermauerten ihre Gegenargumente mit einem Angriff auf die Privatsphäre von Blizzard-Mitarbeiter "Bashiok": Die Forenmitglieder sammelten innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Informationen über den Community-Manager, der - etwas unklug - demonstrativ seinen Klarnamen veröffentlich hatte. Es dauerte keine zehn Minuten, bis Daten zu seinen Hobbys, seiner Wohnung und sein halber Lebenslauf im Forum standen. Der Mann fühlte sich schließlich so verfolgt, dass er seinen Twitter-Account und seine Telefonnummer abdrehen ließ.

Doch auch bei Blizzard war es unterdessen zu einem Umdenken gekommn. Firmenboss Mike Morhaime begab sich höchstpersönlich in die Battle.net-Gemeinschaft, um den Nutzern die Strategieänderung bekanntzugeben: "Wir haben das Feedback genau beobachtet und auch intern diskutiert. Als Ergebnis der Diskussionen haben wir uns entschieden, dass Klarnamen doch nicht für Postings im offiziellen Blizzard-Forum notwendig sind."

Das heißt allerdings nicht, dass man bei dem Rollenspielriesen ganz von der "Real ID"-Idee (und offensichtlich auch der Facebook-Kooperation) weggekommen ist: "Ich will hiermit auch allen klarmachen, dass unsere Pläne für die Foren komplett getrennt sind von unserem optionalen Real ID-System innerhalb von Spielen." Damit meint Morhaime die Möglichkeit, sich bei "World of Warcraft" und "Starcraft II" der Welt doch mit Klarnamen zu präsentieren.

Und auch sonst will man bei Blizzard weiter aufräumen mit der offensichtlich geschäftlich nervigen Anonymität von Trollen, Axthelden und Magiern: "Wir planen Real ID auf Battle.net weiter zu entwickeln und neue und spannende Funktionalitäten in unsere Spiele einzubauen." Die seien dann für all jene Spieler gedacht, "die sich entscheiden, dieses Feature zu nutzen", so Morhaime, der in seinem Posting nicht vergaß, darauf hinzuweisen, "wie extrem wichtig" die "direkte Verbindung zur Community" für Blizzard sei.

Es bleibt abzuwarten, wie die die Ausdehnung von "Real ID" auf mit Facebook verknüpfbare Freundeslisten und andere "spannende Neuerungen" aufnimmt. Wie sich aus den Battle.net-Forendiskussionen ergab, lieben es die meisten Spieler nämlich, ihre reale Identität von der im Spiel zu trennen. Denn genau darum geht es bei Rollenspielen ja: Man nimmt eine fremde Identität an.

Zumindest die Verbesserungen der Diskussionskultur in den Foren lässt sich allerdings auch ohne Klarnamen erreichen: Blizzard plant nun, neue Bewertungssysteme zu integrieren, mit der man (Foren-)Trolle leichter identifizieren und ihre Postings unterdrücken kann.

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